Der Untergang der alten Götter
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kunst und Volkskunde, 5. Jahrg., Nr. 3). Dabei ist aber die bayrische
Fform ziemlich sicher die ursprünglichere. Die eddische Fassung ist
spät; die vorchristlichen Üüberlieferungen konnten sich eben im Norden
länger halten, weil das Christentum später hinkam. Im fränkischen
Sagenkreis um Sigurd und im bayrisch⸗ostgotischen Sagenkreis um
Dieterich ist es ja sicher, daß die Edda aus südgermanischen, also
deutschen Quellen schöpft. Der dänische Forscher Arel Olrik weist
aber nach, daß auch in den rein dänischen Sagenkreis von der
Königsfamilie der Sicklinger 86) „aus dem alten ostfränkischen Hilde—
brandslied, das älter ist als irgendein erhaltenes nordisches Gedicht“,
die Gestalt „des grauhaarigen Hunnenkämpfers“, nämlich des alten
Hildebrand, ganz willkürlich und für den Zusammenhang der däni⸗
schen Sage sogar eher störend übernommen ist.
Die Göttin Hludana der Festlandsgermanen ist sicher gleich—
bedeutend mit der Hlodyn der Edda, wenn man diese Gleichsetzung
auch zeitweilig bestritten hat.
Die großen Heldengedichte der Germanen sind naturgemäß da
entstanden, wo die großen geschichtlichen Schicksale der Germanen
sich vollzogen haben. Dieses große Schicksal war der Kampf der
Germanen gegen die römische Welt- und Geldmacht und die Zeit
der Wanderungen. Dieser in gewissem Sinne einheitliche Vorgang
begreift schon die Kämpfe des Arminius und umfaßt noch die
wikingerzeit. Diese, in der die Nordmänner, die bis dahin ab—
seits der großen Weltgeschicke Europas geblieben waren, ilrrerseits
selbständig hervortreten, muß auch noch zur Völkerwanderungszeit
gerechnet werden; das heißt zu der Zeit, als die europäische Gesittung
neu aufgebaut werden mußte auf der Grundlage einer neuen Ge—
sinnung; weil die alte Gesittungsform, die mittelmeerisch-römische,
in ausschließlicher Sinnenkultur und geldmächtlicher Auflösung zu—
grunde gegangen war.
„Der nächst unserem Gräberfeld“ (Max von Chlingensperg—
Berg, Das Gräberfeld von Reichenhall) „gelegene Küblerbauer von
Reichenhall erzählt, daß, wenn Kaiser Karl die Schlacht auf dem
Walserfelde gewonnen hat, er mit der Siegesfahne auf einem drei—
füßigen Schimmel davon reiten wird. Mit dieser Vorstellung wird
Wuotan bereits Anführer der Seelen“.
Wir besitzen noch andere Anzeichen dafür, daß vorchristliche Über—
lieferung dort und damals, sogar gerade in dem engeren Kreise der
sogen. Schottenbrüder von Sankt Jacob, noch sehr lebendig waren.
38) Ich führe an nach Friedrich Ranke in „Volkskunst und Volkskunde“,
Jahrg. 5, Heft 4).