Der Untergang der alten Götter
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mit solchen Gestalten belebt, während oben die siegreiche Kirche und
hre Vertreter dargestellt sind; so zum Beispiel an der Johanniskirche
n Gmünd in Schwaben (vgl. unten Abschn. 18). Die Reihe ganz oben
am Schottentor stellt ohne Zweifel Christus und die Apostel vor. Die
Ungetüme unten stellen sicher etwas „Unholdes“ vor. Und ebenso die
anderen Gestalten unten, auch wo wir sie im Einzelnen nicht deuten
können; wenigstens die Mehrzahl dieser Gestalten soll sicher etwas
dem Christenmenschen Feindliches bedeuten, das durch die Kirche im
Zaum gehalten wird. Einige der Gestalten, u. a. links vom Be—
chauer, im Gewände der Tür, zeigen deutlich Fesseln am Oberarm.
„Ich glaube“, schreibt Ernst Förster, Denkmale deutscher Kunst, Bd. 9,
(864, „daß die an den Säulen der Laibung auf verschiedene Weise
gebundenen Gestalten als Vertreter des verstockten Alten Bundes,
die Gestalten aber an den äußeren Pfeilern als Vertreter des Heiden—
tums aufgefaßt werden können. Ja, ich glaube in der Gestalt mit
dem Hammer um so eher den Tor erkennen zu dürfen, als gerade er
öfter auf mittelalterlichen Bildwerken wiederkehrt, z. B. am Portal
der Kirche in Großlinden bei Gießen“ (davon noch weiter unten im
Abschnitt 19). Die eine Gestalt oben links im Türgewände trägt eine
Anzahl abgezogener Tierbälge am Gürtel; rechts die zweite Gestalt
ist offenbar ein Spielmann. Es (vgl. oben J. A. Endres) mögen auch
ganz einfach Vorwürfe aus dem Leben dem Künstler Anregung
zegeben haben, ohne weitere tiefsinnige Anklänge.
Von der mittleren Reihe halte ich die vier Gestalten rechts für
die vier Grundstoffe Wasser, Feuer, Cuft und Erde, die als heidnische
DVorstellung gelten. Die ihnen entsprechenden Gestalten links stellen
oielleicht die Todsünden dar. Die mittlere Reihe würde dann ver—
nitteln zwischen den siegreichen Christenmächten oben und den über—
wundenen Heidenmächten unten.
Das Christentum kam zu den Bayern nicht so gewaltsam wie zu
den Sachsen durch den Sachsenschlächter, den Franken Karl, der ja
selbst später ein anderes als dieses gewaltsame Verfahren einschlug,
das schon sein Zeitgenosse und Hauptmitarbeiter in der Verbreitung
des Christenglaubens, Alkuin, verurteilt hat. Der neue Glaube
wurde den Bayern in sanfterer und allmählicherer Weise beigebracht.
Die Bekehrung der Heiden und die Befestigung der Neubekehr—
ten war noch Jahrhunderte lang nach dem Eindringen des Christen⸗
tums unter den Bayernaposteln Ruodberth und Hhemmrhamm
eine dringende Aufgabe in Bayern. Der Karolingische Missionskate—
hismus, der sich im Kloster des heiligen Emmeran in Regensburg
erhalten hat, „war im 10. Jahrhundert in der Hand deutscher
Mönche, wie die deutschen Namen Enailfrit und Hiltolf lehren, die