Full text: Germanische Götter und Helden in christlicher Zeit

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St. Jehanns Minne 
dieser Zeit, am „kalten Johannistag“. „Ahnlich ist ein am Johannis- 
tage, den 24. Juni (7),40) getrunkener Johannissegen ....; er ist 
unzweifelhaft eine von deutschen heidnischen Trankopfern abstam— 
mende uralte Sitte, die nur christlich umgestaltet wurde“ (Grötzinger, 
Reallexikon der deutschen Altertümer, Johannisminne). Auch die 
Hertrudenminne wird zum Schutz und zur Weihe getrunken. „Nun 
trinket, Ritter, Sankt Johannes Geleit, das muß euch frommen“, rät 
in einem alten Volkslied die heilige Gertrud einem Ritter, der sich 
dem Teufel verschrieben hatte, und er wird gerettet. Das ist der 
aralte Weihetrunk, und am kalten Johannistage die Feier der 
Wintersonnenwende durch Festmahl und Festtrunk; die Feier, bei der 
der heilige Kolumbanus, wie in seinem Leben erzählt wird, die 
Alemannen am ZSüricher See überraschte. 
Im Chiemgau reicht heute noch bei Hochzeiten der Pfarrer den 
hochzeitsgästen in der Kirche feierlich den Minnetrunk. In derselben 
Gegend, von der im Leben des heiligen Emmeran, also noch aus dem 
siebenten Jahrhundert, berichtet wird, das Volk, obwohl dem Namen 
nach christlich, stecke noch so tief im Heidentum, daß es aus einem 
Kelch das Blut Christi und den Opfertrunk genieße. 
Albrecht Dürers Mutter starb am Erchtag (Er — Siu) den (7. Mai 
514 in Nürnberg; nach Dürers Tagebucheintrag „begehrt sie auch 
bor dem Tod zu trinken St. Johannes Segen, als sie dann tät“. 
In dem Aktenstück des Basler Rats über die Körperschaft der 
Bettler und Gauner aus der Mitte des 15. Jahrhunderts, heißt es 
von diesen, „in der Herberge verlangten sie Gansbraten und ge— 
backene Hühner und Johannes gnug“; das ist Wein. 
„Noch heute wird in Ebersberg, Oberbayern, dem Volk aus 
St. Sebastians Hirnschale Wein zu trinken gegeben, eine Sitte, die 
sicher an die Stelle eines heidnischen Minnetrunks getreten ist“ (M. 
Hhöfler, Tölz, Wald- und Baumkult; vgl. auch F. J. Bronner, Von 
deutscher Sitte und Art, Volksbräuche in Bayern, 1908 5. 97). 
Von der Gertrudenminne ist in den alten Quellen häufig die 
Rede. „Sollte nun, wie dies bei der Minne St. Johannis des Evang., 
der St. Johannis Baptistae, der St. Michagelis, der St. Martini und 
der Minne St. Stephani wirklich der Fall ist, der Brauch seinen 
Namen Gertrudenminne erst von dem Kalendertag, auf welchen er 
oon der Kirche festgesetzt wurde (27. März), erhalten haben, und 
wäre er erst dann auch auf andere Dinge, welche nach christlicher 
10) Das ist vermutlich ein Irrtum; nicht am Cag Johannis des Cäufers, 
sondern an dem Johannis des Evangelisten, dem 27. Dezember, werden diese Bräuche 
gefeiert.
	        
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