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Der Schwertgott und der Fenriswolf
über dem Fußrücken zusammengezogen wurde. . . Das Schuhwerk auf
altpersischen Skulpturen stimmt mit dem germanischen Buntschuh
genau überein.“)
Gleich rechts neben diesem Steinbild findet sich auf der Rundung
derselben Säule die Darstellung eines Un—
tieres, eines Wolfes, der die Beine gerade—
aus von sich streckt, als ob sie gefesselt
wären. Von der Fessel selbst ist nichts zu
—V
Spielmann mit einer Harfe.
In den eben geschilderten Steinbild—
nereien ist die berühmte Stelle aus der nor⸗
dischen Überlieferung dargestellt, wie der
Schwertgott seinen Arm verliert: Der Fen⸗
riswolf soll gefesselt werden; er läßt es sich
gefallen, zerreißt aber immer wieder spie—
lend die starke Fessel. Da lassen die Asen
eine Zauberfessel bereiten aus dem Schall
von Ratzentritten, aus dem Atem der Fische
und dem Barte der Weiber und noch drei
anderen gleichfeinen Dingen. Aber als ihm
diese Fessel gezeigt wird, glatt und weich
wie ein seidenes Band, wird der Wolf miß⸗
trauisch, ob da kein Zauber dahinter steckt.
„Da ist der Ase, der Tyr heißt. Er ist über—
aus kühn und mutig und hat die Haupt-
entscheidung über den Sieg in den Schlach—
ten.. . Damals hat er einen Beweis seiner
Unerschrockenheit und Tapferkeit gegeben,
als die Asen den Fenriswolf dazu brin—
gen wollten, sich die Fessel Gleipnir
anlegen zu lassen. Der Wolf wollte ihnen nicht glauben, daß sie ihn
wieder losen würden, und so mußten sie ihm als Pfand die Hand
Tyrs in den Rachen legen. Als nun die Asen ihn wirklich nicht
befreien wollten, biß er dem Tyr die Hand ab an jener Stelle, die
seildem Wolfsglied heißt und der Gott besitzt nun nur eine Hand“
(Gylfaginning der Snorra Edda, übersetzt von Hugo Gering, Ab⸗—
4) Schaafhausen in einer Besprechung von C. Lindenschmits Handbuch der
deutschen Altertumskunde. Bonner Jahrbücher, Bd 82, 1886. — Im bayerischen Denk⸗
malerwerk, Band Oberbayern, S 2949, ist der Spielmann als Orpheus gedeutet;
die Gestall scheine tierfüßig zu sein. Für die linksstehende Gestalt mit dem Arm⸗
stummel, dem Gürtel und den Schuhen aus geflecktem Rauhwerk versucht das
Denkmälerwerk keine Erklärung.