Full text: Germanische Götter und Helden in christlicher Zeit

Der Schwertgott und der Fenriswolf 
7d 
setzt sie früher, in das 5. bis 7. Jahrhundert. In einer Gestalts0) 
mit Wolfshelm und mächtigem Schwert sieht der Berichterstatter 
Naue) den Tyr, den Kriegsgott. Er stehe durch 
die Bändigung des Fenrir mit dem Wolfe in Ver— 
bindung. Seine Einarmigkeit sei in der verstüm— 
nelten linken Hand angedeutet. 
Wenn die Deutung richtig ist, dann haben 
wir in dieser Darstellung den einarmigen deutschen 
Kriegsgott mit einem künstlichen Ersatz für den 
verlorenen Arm; ein Bild, das wahrlich in unserer 
Zeit eine merkwürdige Bedeutung und Eindruck— 
samkeit gewänne. 
Der einarmige Ziu, der seinen Arm bewußt 
geopfert hat für die Genossen, ist ein sehr ginfaches 
und verständliches Sinnbild des „Opfersinns“, der 
der eigentliche Kern aller höherstehenden Ehr— 
furchtsformen (Reéligio) ist. 
Dieser Ziun im Berchtesgadener Kreuzgang 
wäre heute noch, wenn man nur gerade dem Volke 
diese einfache Geschichte dazu erzählen würde, ein 
oerständliches Sinnbild der Hingabe für andere; 
gerade heute, wo so viele Einarmige unter uns 
leben, die dieses Opfer für die Volksgenossen ge— 
bracht haben. Dieses Sinnbild wäre verständlicher 
jedenfalls und sicher viel christlicher als die antike 
Götterwelt, die zwar nicht gerade an Kirchen, aber 
in den der Kirche doch ihrem Zwecke nach ver— 
wandten öffentlichen Cehranstalten sich tummeln, 
an Wänden in Farben und auf Gesimsen und 
5äulen in Stein. 
Von dem nordischen Himmelsgott Fiu, der 
im Griechenmunde zum Zeus wird, ist uns als ein 
menschlich⸗-persönlicher Zug gerade diese Tat der 
Aufopferung für die Freunde berichtet. Vom Zeus 
Ibb. 14. Schwertscheide 
rus Gutenstein; Völker⸗ 
undemuseum, Berlin;aus 
Ropp, Germanenkunst. 
s0) Es ist sicher ein heruntergezogener Helm in Gestalt eines Wolfrachens gemeint; 
nicht etwa ein Mann mit Wolfskopf. Auf zwei getriebenen Erzplatten, die in Oland 
gefunden sind, steht neben zwei Kriegern mit dem Eber als Helmzier und einem 
dritten mit den Börnern eines Stiers auf dem Kopf, eine vierte Gestalt; an dieser 
sitzt wie auf der Gutensteiner Schwertscheide ein Wolfsrachen und ⸗Kopf zwischen 
den Schultern; aber sie zieht mit der rechten Hand das Schwert und hält in der 
linken die Lanze. Aus der Zusammenstellung dieser Gestalt mit den drei anderen 
Uriegern geht hier klar hervor, daß auch mit ihr ein Krieger und nicht etwa eine 
wolfsköpfige Sagengestalt gemeint ist.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.