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Rolandssäule, Irmensul
berichtet die südlichere Göttersage als solche besondere menschliche
Züge im Grunde nur seine mannigfachen Liebesabenteuer; was der
niedrigere Mensch, der dunkle, der Südländer sich ausdenkt, daß er
tun würde, wenn er ein Herrgott wäre.
6. Thiodute, Rolandssäule, Irmensul.
3* Mittelhochdeutsch gleichlautend, ursprünglich auf Ver—
/ anlassung einer gewaltsamen Rechtsverletzung erhoben, Feter—
geschrei“ (Hermann Paul, Deutsches Wörterbuch).
Setermordio schreien ist in Mitteldeutschland noch heute ein
üblicher Ausdruck, um ein starkes Geschrei zu bezeichnen. „Zeter,
Zetergeschrei, Zetermordio; sollte Zeter ursprünglich Schlachtruf
gewesen sein und zu Ziu gehören? (Paul M. Fuchs, Deutsches
Wörterbuch auf sprachgeschichtlicher Grundlage.)
Mordio ist nachweislich ein Fachausdruck des Rechtslebens; die
Bezeichnung für das Gerüfte, mit der Zeugen herbeigerufen werden
gegen den Friedensbrecher. Die ältere Form von Seter ist Zioter.o1)
In der erwähnten, sehr sorgfältigen Untersuchung weist Pe—
tersen nach, daß dem oberdeutschen Sioter, später Feter, ein nieder—
deutsches Thiodute, später Jodute entspricht; daß dieser Ruf den
Ruf zu den Waffen bedeutet, das Gerüfte der mittelalterlichen
Quellen; das Gerüfte über Mord, Notzucht und gewaltsamen Frevel
überhaupt, das die handhafte Tat feststellen und Zeugen herbei—
rufen soll, die später bezeugen können, daß die nun vom Rufer
angewendete Waffengewalt von seiner Seite kein Friedensbruch ist,
sondern durch die Gewalttat des Angreifers gerechtfertigt.
Petersen erklärt Thiodute als das Mal (Strunk, Säule) des
Thio. In der hochdeutschen Form Fioter ist für den Namen des
Gottes die Cautverschiebung eingetreten; an Stelle des Wortes
Tüte (mundartlich mitteldeutsch Dutt) für das zugespitzte Mal oder
s) Chr. Petersen, Zioter (Zeter) oder Tiodute (Jodute), der Gott des Kriegs
und des Rechts bei den Deutschen. Eine rechtsgeschichtliche und mythologische Unter—
suchung, Forschungen zur deutschen Geschichte, Bd. 6, Goͤttingen 1866. — Es wird
'm Lauf der Untersuchungen dieses Buchs vielfach auf ältere germanistische Schriften
zurückgegriffen. Es steckt in diesem älteren Schrifttum sehr vieles, was noch fruchtbar
werden kann. Wie mir scheint, haben die Germanisten das reiche Erbe aus dem
ersten Halbjahrhundert ihrer Wissenschaft, als die Grimms noch wirkten und die erste
Begeisterung über dieses neuentdeckte Reich noch lebendig war, nicht so ertragreich
verwaltet wie es sein konnte. Das mag mit dem Umstaänd zusammenhängen, den
Albert Grünstein in seinem berühmt gewordenen Aufsatz im, Kunstwart“ von 1912:
Deutsch⸗südischer Parnaß“ triumphierend hervorbhebt.