26 Das Cölner Osterdienstags-Protokoll.
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sinn“, sondern er bildet den sehr vernünftigen Gegensatz zu
religiöser Engherzigkeit, zu konfessionellem Fanatismus und
zur sündhaften Beneidung des andersgläubigen Nächsten um
Gottes Gnade.
Und einen solchen „Interkonfessionalismus“ wollen wir
mit Ketteler und Windthorst in Ehren hochhalten und mit
allem Eifer, wie bisher, pflegen. Mit Windthorst wollen
wir vertrauen der siegreichen und weltüberwindenden Kraft,
welche der katholischen Idee und Weltanschauung innewohnt
und sie weit hinaushebt über alle kleinliche konfessionelle
Eifersüchtelei. Mit Windthorst wollen wir bauen auf die uner—
schütterliche Überzeugungstreue des katholischen Volkes und die wider—
wärtige Anzweifelung ablehnen, welche die dem erprobten katholischen
Manne anerzogene religiöse Standfestigkeit stets von neuem erfährt.
Mit Windthorst wollen wir in unsern christlichen Mitbürgern anderer
Konfession nicht immer die gefährlichen Gegner sehen, vor denen man
stets auf der Hut sein muß, sondern „Brüder“, die mit uns Katholiken
viele kostbare Güter der Religion und der Kultur gemeinsam besitzen.
Was uns eint, wollen wir suchen, nicht was uns trennt! Damit ist
noch lange keine ungesunde Vertrauensseligkeit befürwortet ...
Die Vertreter des „prononzierten“ Katholizismus der Cölner
Versammlung scheinen gar nicht zu merken, wie wenig würdig, ja wie
unsäglich kleinlich ihr Verhalten angesichts der Größe der katholischen
Sache vor aller Welt erscheinen muß. Es heißt der katholischen Kirche
und ihren Bekennern geradezu ein Armutszeugnis ausstellen, wenn man
meint, nur durch künstliche Absperrungsmaßregeln könne dem Volke der
Glaube erhalten bleiben. Christus befiehlt den Seinigen: Geht hinaus
in alle Welt! — Aus der Cölner Versammlung heraus ertönt der
Ruf: Sperret Euch ab!
Auf der Katholikenversammlung 1908 zu Düsseldorf hielt Pfarrer
Dr. Janssen eine wuchtig wirkende Rede über den konfessionellen
Frieden, in welcher er gegen Schluß feststellt: „In seiner großen Majorität ist
wie die katholische, so auch die evangelische Bevölkerung Deutschlands
noch eine positiv christliche. Sie will sich ihren göttlichen Erlöser nicht