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Drittes Capitel. Von der Theorie derer Wasser⸗Plompen. 95
nemlich eben so stehet, wie er in der Figur vorgezeichnet ist. Weilen nun alsdann die
frembde Lufft und das hinein gedrungene Gewaͤsser den Kolben weiter aufgeblasen ha—
den, als er zuvor gewesen; so faͤngt das Leder auch an, sich gegen den Stiefel anzu⸗
schliessen, und obgleich diese erste Anfuͤllung etwas schwach ist, so ist sie indessen dennoch
hinlaͤnglich starck genug,, der aͤussern Lufft den neuen Eintritt zu verwehren, wenn
der Kolben wieder in die Hoͤhe gezogen wird, weilen sich augenblicklich das Kolben⸗
Ventil wiederum zuschliesst.
9. 959. In eben dem Maaß, wie der Kolben wehrendem Auf- und Nieder-⸗ Die Wuͤrckung
steigen, als es andere Kolben auch thun, seine Wuͤrckung ausuͤbet, um die Lufft aus des Kolbens.
der Saug⸗Boͤhre heraus zu treiben, in eben dem Maaß muß auch das Gewaͤsser in die Fig. 1. Tab. 4.
Hoͤhe steigen, bis es endlich in den Stiefel selbst anlanget. Wenn es dann die Hoͤhe des
Stiefels wuͤrcklich erreichet hat, und der Kolben gleich drauf dasselbe zu drucken anfan—
gen will, fasset er selbst einen gewissen Theil des Gewaͤssers in sich, und dieses zwinget
die in demselben enthaltene Lufft, daß sie sich hey jedem Kolben⸗Zug immer enger und
enger zusammen ziehen muß. Da nun die Wuͤrckung oder der Nachdruck des Kolbens
von Grad zu Grad bestaͤndig staͤrcker wird, je auf eine groͤssere Hoͤhe das Gewaͤsser in
denen Aufsatz Roͤhren zu steigen gezwungen wird; so muß auch die in dem Kolben einge⸗
schlossene Lufft auf ihrer Seiten ebenfalls eine um so viel groͤssere Gewalt oder Stemungs⸗
Krafft erhalten, mithin das Leder immer staͤrcker und staͤrcker an die innere Flaͤche des
Kolbens antreiben: Denn alles das, was ich vorjetzo von der Lufft gedencke, muß auch
von dem Gewaͤsser verstanden werden, welches in dem Kolben mit eingeschlossen ist. So
bald als hernach die voͤllige Aufsatz- Roͤhre mit Wasser angefuͤllet ist, alsobald haͤlt auch
die Gewalt der stemmenden Krafft der eingeschlossenen Lufft, mit der Schwehre des in
der gantzen Aufsatz-Roͤhre enthaltenen Gewaͤssers das Gleich-Gewicht, es mag so hoch
stehen, als es auch immer will, und mag uͤbrigens der Kolben saugen oder drucken, so
schliesset er sich bestaͤndig mit gleich starcken Machdruck an. Sollte auch gleich der Stie—
fel inwendig keine vollkommene Cylindrische Ruͤndung haben, wuͤrde dieser Fehler, der
andern falls von grosser Wichtigkeit waͤre, gantz keinen Schaden erwecken, weilen die
Flaͤche des Kolbens sich bieget, und sich willig derjenigen Figur unterwirfft, oder die
Form der andern Flaͤche annimmt, gegen welche sie sich eigentlich stemmet.
Ohngeachtet aller Muͤhe, die man auch immer anwenden mag, eine Machine
vollkommen zu machen, darff man sich niemalen versprechen, sie in einen solchen Stand
zu versetzen, daß sie voͤllig ohne allen Fehler seyn sollte: Man hat gewißlich viel gethan,
venn man so weit gekommen, daß sie ihrer Einrichtung nach nur noch so wenige Fehler
und Maͤngel uͤbrig hat, als es nur moͤglich seyn will. Es geschiehet auch so gar sehr
offt, daß, wenn man eine Unvollkommenheit zu vermeiden suchet, man dadurch verur—
sachet, daß andere entstehen, die eben so schaͤdlich und nachtheilig sind, als die erstern,
und nachdeme man endlich alles wohl erwogen, bekommt man endlich die Einsicht, daß
es weit besser sey, bey dem ersten Entwurff zu verbleiben. Der jetzt beschriebene Kolben
kan nun in der That kein Wasser fahren lassen, anerwogen sich seine Flaͤche oder das Le⸗
der aufs vollkommenste an die innere Flaͤche des Stiefels anschliesset: Allein, weilen ver⸗
moͤge dieser hefftigen Anschliessung willen, eine um so viel groͤssere Friction oder Rei⸗
bung entstehet, kan auch dahero das Leder ohnmoͤglich lang dauren. Damit man nun
aber solches so offt zu verneuern nicht gezwungen seye, wird es nicht undienlich seyn,
venn man etliche Stuͤck Leder uͤbereinander brauchet, und also den Beutel um so mehr
»efestiget, der deshalben dennoch beugsam bleibet, und denen Ungleichheiten eines theils
willig nachgiebt, die sich etwan innerhalb im Stiefel ihme entgegen setzen moͤchten: Denn
die Friction oder das Reiben, so hier zu schulden kommt, von demjenigen sehr unter⸗
schieden ist, welches verursachet wird, wenn Flaͤchen von harten Coͤrpern aneinander
wegglitschen. Woferne man also an einem Kolben gar nichts sollte guszusetzen haben,
muͤßte er die Eigenschafft des vor diesem beschriebenen Kolbens mit sich fuͤhren, dahey
aber zugleich auch von aller Friction befreyet seyn, welches jedoch schlechterdings unmoͤg—⸗
lich ist. Man muß sich also nur wohl in Obacht nehmen, daß man diesen Vortheil da—
durch nicht allzutheuer erkauffe, wenn man etwan darbey in andere Ungemaͤchlichkeiten
verfaͤllt, die dessen Werth wiederum sehr verringern.
4J. 960. Die Herren Gosset und de la Deüille, wehrender Zeit sie in Einrich—
tung und Zusammensetzung einer ungemein sinnreichen Wasser⸗Machine begriffen gewe
sen, deren Beschreibung ich in dem folgenden mit anfuͤhren werde, haben einen Kolber
erfunden, der aller Friction, Stockens und Reibens befreyet ist, und eben so wohl aus⸗
ser ihrer Machine, an welcher er eins von denen Haupt⸗Stuͤcken mit ausmacht, ander⸗
werts gebraucht werden kan, wie sie es auch wuͤrcklich in dem Koͤnigl. Garten zu Paris
an einer Wasser⸗Plompe gethan haben, welche das Gewaͤsser hebet, um mit demselben
die Pflantzen in eben dem Garten zu waͤssern.
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