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Stöchiometrie
bindungen stellen eine Mannigfaltigkeit besonderer Art dar, deren
Glieder sich teilweise und nach bestimmten Gesetzen ineinander um-
wandeln lassen. Man könnte die Gesetzmäßigkeit dieser Umwandlun-
gen in all den mannigfaltigen Beziehungen, die dabei zutage treten,
unabhängig von irgend welcher hypothetischen Vorstellung über die
Natur dieser Verbindungen entwickeln, und würde dadurch zu einer
genetischen Systematik der chemischen Individuen gelangen, welche
der gegenwärtig benutzten in vielen Stücken ähnlich, von ihr aber da-
durch verschieden wäre, daß sie keine hypothetischen Elemente enthielte.
Indessen liegen zu einer solchen Darstellung nur die allerersten An-
sätze (s. Wald 1901) vor, und wenn ein solcher hier gemacht würde,
so würde Leser eine Sprache lernen, von der zwar gesagt werden darf,
daß künftig die Chemiker sie sprechen werden, von der aber auch
gesagt werden muß, daß sie heute noch nirgend gesprochen wird.
Vielmehr ist bisher die gesamte Systematik der chemischen Um-
wandlungsbeziehungen nur unter dem Bilde der Atom- und Mole-
kularhypothese entwickelt worden. Dieses hätte nicht stattfinden
können, wenn nicht das Bild tatsächlich ein vielfach zweckmäßiges
wäre und eine nach vielen Seiten zutreffende Vorstellung von den
wirklichen Verhältnissen vermittelte. Auch hat es bisher in den wich-
tigsten Punkten eine genügende Mannigfaltigkeit gezeigt, um einen
naturgemäßen Ausdruck auch für solche neue Tatsachen zu ermög-
lichen, welche bei dem ursprünglichen Entwurf nicht vorgesehen waren.
Aber es scheint, als ob diese Anpassungsfähigkeit der Erschöpfung
nahe sei, und man tut wohl, sich klar zu machen, daß nach der immer
wiederholten, Lehre, die die Geschichte der Wissenschaft uns gibt, ein
solches Ende früher oder später unvermeidlich ist.
Unter diesem Vorbehalt sollen die Hauptergebnisse der bisherigen
Untersuchungen über die Konstitutionsverhältnisse der chemischen Ver-
oindungen in der üblichen Form der Atom- und Molekularhypothese
entwickelt werden.
Anfänge. Von den zahlreichen Fragen über die Natur der chemi-
schen Verbindungen hatte die Daltonsche Atomhypothese nur die eine
beantwortet, ob in diesen noch die Elemente als solche anzunehmen
seien oder nicht, und zwar, im bejahenden Sinne. Die chemische Ver-
bindung war ein durch Aneinanderlagerung der Elementaratome ent-
standener Komplex. Über die relativen Gewichte der Elementaratome
gaben die S. 112 bis 168 dargelegten Tatsachen und Theorien Aus-
kunft, über die Anzahl der Atome in solchen Komplexen konnte in
bestimmten Fällen durch die Molekulartheorie und die derselben zu-
grunde liegenden Beobachtungen Auskunft gewonnen werden. Im ge-
genwärtigen Kapitel soll uns die Frage nach den gegenseitigen Bezieh-
ungen der Atome innerhalb der Molekel beschäftigen,
In der Tat ist die Frage auch ebenso alt, wie die Atomhypo-
these selbst: seitdem man chemische Verbindungen sich aus Atomen