Die chemische Konstitution
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zusammengesetzt vorstellte, suchte man sich auch über das Verhält-
nis der zusammensetzenden Atome klar zu werden, wobei allerdings
die Beziehung dieser Frage auf tatsächliche Verhältnisse gelegentlich
vergessen wurde.
Der elektrochemische Dualismus. Wie bekannt, rührt die erste
durchgeführte Theorie der chemischen Verbindungen von Berzelius
her, der dieselbe auf die von ihm studierten Erscheinungen bei der
Elektrolyse von Salzen begründete. Er beobachtete, daß am Kupfer-
pole sich die Säuren, am Zinkpole die Basen der von ihm hauptsäch-
lich untersuchten Alkalisalze ansammelten, und nach dem alten Grund-
satze Stahls: woraus etwas zusammengefüget ist und darein
es wieder zerlegt werden kann, daraus besteht es, setzte er
voraus, daß Säuren und Basen die Bestandteile der Salze sein müßten.
Zwar gaben die bekannten Säuren und Basen bei ihrer Verbindung
auch stets Wasser aus; dieses aber wurde in ihnen als vorgebildet
angesehen und spielte in den Säuren die Rolle einer Basis, in den
Basen die Rolle einer Säure; die eigentlichen Säuren und Basen waren
die bekannten Verbindungen ohne das Wasser.
Gleichzeitig wurde die gewonnene Erkenntnis auf alle übrigen Stoff-
gruppen ausgedehnt. Auch Oxyde ließen sich elektrolytisch zersetzen
und gaben einerseits Sauerstoff, andererseits Metall; Berzelius sah
daher ganz allgemein alle Verbindungen als aus zwei Anteilen gebildet
an, welche durch elektrische Anziehungskräfte zusammengehalten sind,
wie sie durch solche getrennt werden können. Es entstand so das
elektrochemische System, nach welchem die binäre Gliederung sich
stufenweise auch in den verwickeltsten Verbindungen geltend macht.
Alaun z. B. bestand zunächst aus schwefelsaurem Tonerdekali und
Wasser; letzteres war eine binäre Verbindung von Wasserstoff und
Sauerstoff, ersteres eine ebensolche von schwefelsaurer Tonerde und
schwefelsaurem Kali. Jedes dieser Salze bestand wieder aus Schwefel-
säure (SO) einerseits und Metalloxyd andererseits, und diese beiden
Bestandteile waren wiederum jedes für sich in Metall, resp. Schwefel
and Sauerstoff gegliedert.
Diese Betrachtungsweise, deren Prinzip so einfach und anschau-
lich war, hat außerordentlichen Nutzen gebracht, obwohl die Grundlage,
von welcher aus sie entwickelt wurde, falsch war. Das schwefelsaure
Kali zerfällt tatsächlich, wie jetzt bekannt ist, bei der Elektrolyse nicht
nach dem Schema K,O + SO,;, sondern nach dem Schema 2K + SO,
und der Grundsatz der dualistischen Theorie von Berzelius, daß
nur Verbindungen gleicher Ordnung zu höheren Verbindungen zusam-
mentreten, steht im Widerspruch mit der Fundamentalerscheinung, aus
welcher es abgeleitet wurde.
Trotz dieses Grundirrtums ist die elektrochemische Theorie für die
Entwicklung der Chemie von allergrößter Bedeutung gewesen. Durch
die Aufstellung der elektrochemischen Spannungsreihe wurde von