Full text: Grundriss der allgemeinen Chemie

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Stöchiometrie 
Gebiete war, mußte sich daher mit weniger unzweideutigen Grund- 
lagen begnügen. Er fand sie in den Prinzipien der Einfachheit und 
Ähnlichkeit, die er für die Formulierung der chemischen Verbin- 
dungen anstrebte. 
Es wurden demgemäß die Verbindungsgewichte so bestimmt, daß 
die bekanntesten und wichtigsten Verbindungen möglichst einfache 
Formeln erhielten. Alsdann wurde dafür gesorgt, daß die Formeln 
solcher Stoffe, welche sich chemisch ähnlich verhalten, übereinstimmende 
Gestalt erhielten. So gibt das Eisen zwei Sauerstoffverbindungen, wel- 
2he auf 56g Eisen 16 und 24g Sauerstoff enthalten. Die einfachste 
Annahme ist, daß in dem ersten Oxyd gleiche Atome Eisen und 
Sauerstoff enthalten seien, im zweiten auf zwei Atome Eisen drei Atome 
Sauerstoff, Nähme man nämlich für das zweite Oxyd das Atomver- 
hältnis 1:1 an, so müßten im ersten auf drei Atome Eisen zwei 
Atome Sauerstoff enthalten sein, was Berzelius: weniger einfach er- 
schien. Denn wenn auch die Formeln der Eisenverbindungen selbst 
durch die getroffene Wahl nicht einfacher wurden, so gibt es‘doch eine 
große Anzahl von anderen Oxyden, welche dem niederen Oxyd des 
Eisens ähnlich sich verhalten, und in denen nach dem zweiten Grund- 
satze somit auch überall drei Atome Metall und zwei Atome Sauer- 
stoff angenommen werden müßten. Andererseits erteilte Berzelius 
dem Aluminiumoxyd die Formel Al,‚O,, welcher zwar weniger einfach 
ist, als die Formel AlO, und auch durch keine andere Verbindung von 
Aluminium und Sauerstoff notwendig gemacht wird, nur aus dem Grunde, 
weil das Aluminiumoxyd in seinen Verbindungsverhältnissen die größte 
Ähnlichkeit mit dem Eisenoxyd hat. 
Trotz der Unbestimmtheit dieser Grundlagen hat Berzelius mit 
ihrer Hilfe ein System der Verbindungsgewichte geschaffen, welches in 
der Zukunft nur eine wesentliche Änderung erfahren hat: die Halbie- 
rung der Verbindungsgewichte der Alkalimetalle, welche Berzelius 
denen der Erdalkalimetalle äquivalent angenommen hatte. 
Die Atomwärme. Bei Gelegenheit einer ausgedehnten Arbeit über 
die Gesetze der Wärme entdeckten Dulong und Petit (1818) ein 
Gesetz von merkwürdiger Einfachheit, welches sie selbst in den Satz 
zusammenfaßten: Die Atome aller einfachen Körper haben 
genau dieselbe Wärmekapazität. 
Gemäß dem 5S. 40 dargelegten Begriff der Wärmekapazität heißt 
dies, daß Mengen verschiedener Elemente, welche im Verhältnis ihrer 
Verbindungsgewichte stehen, durch gleiche Wärmemengen gleiche 
Temperaturerhöhungen erfahren. 
Die Wichtigkeit der Entdeckung für die Auswahl der Atomgewichte 
aus den möglichen Multiplen wurde sofort anerkannt, doch erhoben 
sich alsbald Zweifel gegen die allgemeine Anwendbarkeit des Gesetzes. 
Durch einen unglücklichen Zufall waren nämlich die Messungen an 
Kobalt und Tellur falsch geraten, wodurch die unzweifelhaft vorhan-
	        
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