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Stöchiometrie
nimmt, bis sie den „normalen‘“ Wert von etwa 6 erreicht haben, so
von Weber für Kohlenstoff, Silicium und Bor, von Nilson und Pet-
tersson für Beryllium. Auch sind mehrere der oben angeführten
Zahlen nicht unmittelbar beobachtet, sondern aus den Wärmekapazi-
täten von Verbindungen durch Abzug der auf die anderen Elemente
fallenden Anteile berechnet worden.
Was die Verwendung der Atomwärme für die Auswahl der richtigen
Atomgewichte anlangt, so hat es ziemlich lange gedauert, bis sie sich
durchgesetzt hatte. Der oben erwähnte Fehler bei Kobalt und Tellur
(der an der Unreinheit der Präparate lag, welcher Umstand auch ‚später
oft die Arbeit des Physikers wertlos gemacht hat) verhinderte Berze-
lius daran, und so ließ er auch nicht den Hinweis gelten, daß das
Atomgewicht des Silbers, dessen Verbindungen er analog denen des
Zinks und Kupfers schrieb, gemäß der Atomwärme halbiert werden
müßte, Der gleiche Hinweis bezüglich der Alkalimetalle, den Regnault
später fand, hatte gleichfalls keinen Einfluß, Erst durch eine zusammen-
fassende Arbeit von Cannizzaro (1858) wurde erwiesen, daß die aus
den Atomwärmen gezogenen Schlüsse mit denen übereinstimmen, welche
auf den anderen, alsbald darzulegenden Grundlagen sich ergeben.
Der Isomorphismus. Der ziemlich unbestimmte Begriff der chemi-
schen Ähnlichkeit, welchen Berzelius anfangs benutzen mußte, um die
wahrscheinlichsten Atomgewichte festzustellen, gewann wenigstens für
eine Anzahl von Elementen eine sehr viel bestimmtere Fassung durch
die Entdeckung des Isomorphismus, d. h. der Tatsache, daß ge-
wisse Stoffe in übereinstimmenden Kristallformen auftreten, obwohl sie
chemisch verschieden sind. Diese Tatsache stand damals in unmittel-
barem Widerspruch mit einem Satz, welcher ganz allgemein gegolten
hatte, denn von Hauy waren am Anfange des neunzehnten Jahr-
hunderts als Axiome die beiden Sätze aufgestellt worden, daß jedem
bestimmten Stoff eine bestimmte Kristallform zukomme, und daß ver-
schiedene Stoffe notwendig verschiedene Formen (außer im regulären
System, wo solche nicht möglich sind) besitzen,
Gegen beide Sätze machten sich bald Erfahrungen geltend. Klaproth
hatte (1798) gefunden, daß Kalkspat und Aragonit bei gleicher Zu-
sammensetzung verschiedene Formen haben, und eine spätere Prüfung
dieser Angabe konnte sie nur bestätigen. Andererseits fand man gleich-
gestaltete Stoffe, die Alaune, die Rotgültigerze, die gemischten Vitriole
von ganz verschiedener Zusammensetzung. Die zur Erklärung versuchte
Annahme, daß die fraglichen Kristalle die fremden Stoffe nur einge-
mengt enthalten, wurde durch die vollkommene Gleichförmigkeit und
Durchsichtigkeit vieler derselben widerlegt.
Durch Mitscherlich (1820) wurden diese Widersprüche aufgeklärt.
Er fand bei seinen Untersuchungen der phosphorsauren und arsen-
sauren Salze, daß diesen gleiche Kristallform zukommt, wenn sie in
ähnlicher Weise zusammengesetzt sind. d. h. wenn ihre Bestandteile