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Stöchiometrie
stanten und das Theorem der übereinstimmenden Zustände. Sie
sind von Guye (1894), Ramsay (1894) u. a. erörtert worden, und haben
im allgemeinen Resultate ergeben, die mit den aus der Methode der
Jberflächenspannung erhaltenen übereinstimmen. Doch sind sie weniger
vestimmt als diese, und es wird daher diese Andeutung genügen.
Feste Stoffe, Über das Molargewicht fester Stoffe hat man auf
iolgende Weise Auskunft zu gewinnen versucht. Es gibt feste Stoffe
von veränderlicher Zusammensetzung, auf welche man den Begriff der
Lösung anwenden kann. Solche Stoffe sind die isomorphen Gemische,
ferner Palladiumwasserstoff und ähnliche Dinge, endlich solche gleich-
:Örmige Gemische, die durch Zusammenkristallisieren nicht isomorpher
Stoffe entstehen, und von denen eine große Zahl nachgewiesen worden
ıst. Vermöge ihrer homogenen Beschaffenheit haben sie alle Anspruch
auf den Namen Lösung. Durch die Anwendung ähnlicher Überlegungen,
wie sie zu den verschiedenen Methoden der Molargewichtsbestimmungen
an flüssigen Lösungen führen, hat man aus den Eigenschaften dieser
Gemische Schlüsse auf die Molekulargröße der beteiligten -Stoffe ge-
zogen; indem man sie nach dem Vorgange van ’t Hoffs als feste
Lösungen auffaßte. .
Die Ergebnisse dieser Versuche, die indessen noch einigermaßen
zweifelhaft erscheinen, gehen dahin, daß im allgemeinen auch die Stoffe in
fester Lösung keine besonders zusammengesetzten Molekeln enthalten; die
Molargewichte, die für sie berechnet worden sind, stimmen mit denen
an Flüssigkeiten meist überein. Dies schließt nicht aus, daß auch für
gewisse feste Stoffe eine größere Zusammengesetztheit anzunehmen ist;
so kommt dem festen Schwefel schwerlich eine kleinere Formel zu,
als dem gelösten: im letzteren Falle aber kann sie bis Sg ansteigen.
Aus der Erscheinung der Polymorphie fester Stoffe ist früher viel-
fach der Schluß gezogen worden, daß die festen Stoffe aus sehr zu-
sammengesetzten Molekeln bestehen müßten, da die verschiedenen
Formen nur durch die verschiedene Zusammenlagerung der chemischen
Molekeln zu erklären sei.
Führt man die allotropen festen Stoffe in den flüssigen oder gas-
Iörmigen Zustand über, so bleibt gewöhnlich von ihren Verschieden-
heiten nichts übrig. Der Dampf des roten Phosphors ist identisch mit
dem des gelben: Eine Lösung von rotem Phosphor ist indessen ver-
schieden von der des gelben und die Allotropie geht in diesem Falle
auch in den gelösten Zustand über. Eine Lösung von rhombischem
Schwefel in Schwefelkohlenstoff unterscheidet sich in keinem Punkte
von einer gleich zusammengesetzten Lösung, zu welcher monokliner
Schwefel verwendet wurde. Wohl aber bleiben einige Zeit Unterschiede
bestehen, wenn amorpher Schwefel in Lösung gebracht wird. Um-
gekehrt kann aus derselben Lösung, z. B. von Nickelsulfat, die man
durch Abkühlen übersättigt hat, durch Einbringen eines entsprechenden
Kristallfragments jede der mehreren Formen des Salzes erzeugt werden.