266
Stöchiometrie
lich der Löslichkeit, des Wassergehaltes usw. verschieden. Solche Salze
lassen sich nach dem gewöhnlichen Verfahren der getrennten teilweisen
Kristallisation scheiden, und damit sind auch die Säuren trennbar.
Das zweite Verfahren beruht darauf, daß unter gewissen Bedingungen
der Temperatur, die allerdings von Fall zu Fall besonders zu ermitteln
sind, aus Lösungen der racemischen Verbindungen die aktiven Bestand-
teile derselben getrennt auskristallisieren. Während nun zwar alle phy-
sikalischen Eigenschaften der Kristalle, wie Farbe, Dichte, Habitus, ganz
übereinstimmend sind, erweisen sich meist die Kristallformen als sym-
metrisch verschieden. Es erscheint nämlich, während alle Kristallwinkel
übereinstimmen, die Anordnung gewisser Flächen symmetrisch entgegen-
gesetzt, so daß sich die Kristalle wie Gegenstand und Spiegelbild, oder
wie rechte und linke Hand verhalten. Ist eine solche Kristallisation
erfolgt, so kann man durch Auslesen der rechten und linken Kristalle
die beiden Formen trennen.
Ein drittes Verfahren, nach welchem durch die Lebenstätigkeit von
Pilzen oder Bakterien die eine von den beiden Formen schneller oder
ausschließlich verzehrt wird, kommt wahrscheinlich auf das erste hinaus,
da das Protoplasma der lebenden Wesen optisch aktiv ist, und sich
somit bei der Assimilation den beiden Formen gegenüber verschieden
verhalten muß,
Die Tetraederhypothese, Zur Veranschaulichung des Zusammen-
hanges zwischen Drehvermögen und dem asymmetrischen Kohlenstoff
haben van ’t Hoff und Le Bel in ziemlich übereinstimmender Form
eine Hypothese aufgestellt, welche eine sehr zweckmäßige und anschau-
liche Darstellung gestattet. Sie nehmen an, daß die vier verschiedenen
mit einem Kohlenstoffatom verbundenen Radikale an diesem geordnet
sind, wie an den Ecken eines Tetraeders. So lange mindestens zwei
Fig. 23
Fig. 234
gleiche Radikale vorhanden sind, lassen sich die vier nur auf eine
Weise am Tetraeder ordnen, d. h. wie man sie auch ordnen mag,
immer lassen sich zwei derartige Tetraeder durch einfache Drehung
miteinander zur Deckung bringen. Erst wenn alle vier Radikale ver-
schieden sind, gibt es zwei, und nur zwei Anordnungen, die sich nicht
zur Deckung bringen lassen, sondern sich zueinander verhalten wie
Gegenstand und Spiegelbild. Werden diese vier Radikale mit a. b