Full text: Grundriss der allgemeinen Chemie

Die chemischen Gleichgewichte zweiter Ordnung 361 
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setzung, nicht von der Menge der Flüssigkeiten ab. Ferner aber kann 
man behaupten, daß die Dampfdrucke der beiden einzelnen Lösungen 
einander gleich sind, und zwar nicht nur der Gesamtdruck, son- 
dern auch die Teildrucke (Konowalow 1881). 
Der Beweis hierfür liegt wieder in dem Satze, daß was auf eine 
Weise im Gleichgewicht ist, dies auf alle Weise sein muß. Sind die 
beiden Lösungen bei unmittelbarer Berührung im Gleichgewicht, so 
würde die Abwesenheit des Gleichgewichts ihrer Dämpfe die Möglich- 
keit eines Perpetuum mobile zweiter Art ergeben, und daher müssen 
die Dämpfe einzeln und zusammen gleichen Druck haben. 
Für den Verlauf des gesamten Dampfdruckes teilweise mischbarer 
Flüssigkeiten mit der Zusammensetzung ergibt sich daher das Bild 
Fig. 39; die Verschiedenheiten der Fälle sind davon abhängig, ob 
der Gesamtdruck im hete- 
rogenen mittleren Teile zwi- 
schen den Drucken der 
reinen Bestandteile liegt, 
Linie s, 'oder oberhalb bei- 
der, r. Unterhalb kann er 
nichtliegen. Aus der Dampf- 
drucklinie läßt sich das Ver- 
halten bei der Destillation 
unmittelbar nach S. 358 ab- 
leiten; insbesondere ergibt 
sich, daß so lange zwei 
Schichten in der Retorte 
sind, die Zusammensetzung 
des Destillats konstant 
und unabhängig von dem 
Mengenverhältnis der Schichten in der Retorte ist. 
Unlöslichkeit. Die gegenseitige Löslichkeit der Flüssigkeiten kann 
so gering werden, .daß sie sich der Beobachtung entzieht, und man 
bezeichnet dann die Stoffe als unlöslich ineinander. Man hat allen 
Grund, eine gegenseitige Unlöslichkeit im strengen Sinne als ausge- 
schlossen anzusehen, und nur quantitative Verschiedenheiten anzuneh- 
men. Denn abgesehen davon, daß die Grenze zwischen löslichen und 
unlöslichen Flüssigkeiten sich beständiger Verschiebung, entsprechend 
der Zunahme der analytischen Hilfsmittel befindet, sprechen auch theo- 
retische Bedenken gegen die Annahme einer absoluten Unlöslichkeit. 
Je geringer die gegenseitige Löslichkeit wird, desto geringer wird auch 
die gegenseitige Dampfdruckverminderung, und der Dampfdruck eines Ge- 
menges beider Flüssigkeiten nähert sich der Summe der Dampfdrucke 
der Einzelbestandteile,. Der Siedepunkt solcher Gemenge liegt viel nied- 
riger als der der Bestandteile, da das Sieden eintritt, wenn die Summe 
der beiden Dampfdrucke den Betrag des äußeren Druckes erreicht hat. 
Fig. 39
	        
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