Full text: Grundriss der allgemeinen Chemie

Die strahlende Energie 577 
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Die ältesten Beobachtungen über Lichtbilder mit Hilfe von Chlor- 
silber rühren von J. H. Schultze (1727) her, indessen blieben sie 
vereinzelt. Die Fähigkeit verschiedener Lichtstrahlen, verschiedene Wir- 
kung auf diesen lichtempfindlichen Stoff auszuüben, wurde von Scheele 
(1777) erkannt, welcher zuerst das Spektrum photographierte; Ritter 
entdeckte (1801), daß die chemische Wirkung sogar über das sicht- 
bare Spektrum hinaus sich erstreckt. Wollaston hat dann die Schwär- 
zung des Chlorsilbers zum Kopieren von Silhouetten benutzt. Die 
eigentliche Photographie nimmt ihren Ausgang von Daguerre (1838), 
welcher die Entwicklung der Lichtbilder entdeckte, auf welcher die 
Möglichkeit, die Bilder der Camera obscura festzuhalten, und photo- 
graphische Aufnahmen in kürzester Zeit auszuführen, beruht. Dieselbe 
besteht darin, daß äußerst schwache chemische Lichtwirkungen, welche 
für sich keine sichtbare Veränderung der lichtempfindlichen Fläche 
hervorgerufen haben, durch passende Behandlung sichtbar gemacht 
und so in ein Bild übergeführt werden können. Wiewohl die Mittel 
später wesentlich andere geworden sind, ist das Prinzip dasselbe ge- 
blieben. 
Emission und Absorption. Wiewohl die gegenseitigen Umwand- 
lungen zwischen chemischer und strahlender Energie den wesent- 
lichsten Teil der hier vorzunehmenden Erörterungen zu bilden haben, 
sind einige von den anderen möglichen Umwandlungen wenigstens in 
ihren wesentlichsten Zügen zu schildern, da sie für chemische Verhält- 
nisse gleichfalls in Betracht kommen. 
Am leichtesten erhält man strahlende Energie aus Wärme, und es 
ist eine allgemeine Tatsache, daß ein warmer Körper beständig in 
einer von seiner Oberfläche, seiner Temperatur und der Beschaffenheit 
des umgebenden Raumes abhängigen Weise strahlende Energie ver- 
liert. Diese Beziehung ist so allgemein, daß man die strahlende Energie 
früher strahlende Wärme genannt hat. Da indessen diese Energieform 
keine von den besonderen Eigenschaften der Wärme besitzt, und ihre 
Entstehung auch nicht ausschließlich an die Wärme gebunden ist, so 
ist dieser Name als einseitig und daher irreführend zu verlassen. 
Bringt man in einen Raum Körper verschiedener Temperatur, so 
brauchen sie nicht in unmittelbarer Berührung zu stehen, damit ihre 
Temperatur schließlich gleich wird; dies wird auch durch ihren Energie- 
verkehr mittels Strahlung bewirkt. Daraus geht eine bestimmte, sehr 
wichtige Beziehung hervor, welche von Kirchhoff (1859) aufgestellt 
worden ist. Denkt man sich der Einfachheit wegen zwei gleichgroße 
Flächen verschiedener Temperatur und verschiedener Beschaffenheit so 
gegeneinander gestellt, daß sie ihre Strahlung nur gegeneinander senden 
können, so wird zunächst ein Austausch der Energie eintreten, und 
schließlich wird die Temperatur beider Körper gleich geworden sein. 
Dies folgt notwendig aus dem zweiten Hauptsatze, denn was auf eine 
Art, durch Strahlung, im Temperaturgleichgewicht ist, muß auf jede 
Ostwald. Grundriß. 4. Aufl.
	        
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