Die chemische Wirkung des Lichtes 591
günstigsten Verhältnissen von einem Quadratzentimeter Oberfläche eines
Oleanderblattes in einer Sekunde 5-4 >< 107% g Stärke gebildet. Die
Verbrennungswärme dieser Menge beträgt nur 9:2 >< 103 Erg, und ebenso
groß ist die Menge der zur Bildung der Stärke aus dem Lichte ver-
brauchten Energie. Nun beträgt aber die strahlende Energie, welche
ein Quadratzentimeter an heiteren Sommertagen empfängt, 1-4 >< 10° Erg
in der Sekunde; von dieser Menge kann also die Pflanze noch nicht
den hundertsten Teil zu chemischen Zwecken verbrauchen.
Aus diesem Beispiel ergibt sich, daß der Bruchteil der strahlenden
Energie, der zu chemischen Zwecken verbraucht wird, je nach Um-
ständen außerordentlich verschieden sein kann. Er kann selbstverständ-
lich nie größer sein, als der überhaupt absorbierte Teil; zwischen der
Gesamtabsorption und der chemischen besteht aber auch offenbar kein
konstantes Verhältnis, und man kann daher aus der Lichtabsorption
keinen unmittelbaren Schluß auf die chemische Lichtempfindlichkeit
ziehen.
Allgemeines. Aus dem photochemischen Grundgesetze und den
allgemeinen Gesetzen, denen die strahlende Energie unterworfen ist,
ergeben sich die einzelnen Gesetze für die chemische Wirkung des
Lichtes. So wird diese im umgekehrten Verhältnisse des Quadrats
der Entfernung von einer allseitig strahlenden Lichtquelle abnehmen,
und bei der Absorption durch irgend welche Mittel wird die absorbierte
Menge in geometrischer Reihe wachsen, wenn die Schichtdicke in arith-
metischer zunimmt. |
Daß endlich alle geometrischen Gesetze der strahlenden Energie
auch für die photochemische Wirkung Geltung haben, ergibt sich daraus,
daß man jede objektive optische Erscheinung photographieren kann.
Diese Gesetze sind durch verschiedene Methoden, insbesondere mit-
tels lichtempfindlicher Papiere und Platten geprüft worden, und haben
stets dasselbe Resultat, unabhängig von der Beschaffenheit der prüfen-
den Stoffe, ergeben.
Auf die Frage, welche Strahlen chemische Wirkungen ausüben, ist zu
antworten, daß dies durch die Schwingungsdauer oder die Wellenlänge
der Strahlen bestimmt wird, derart, daß für jedes lichtempfindliche Ge-
bilde ein Maximum (oder einige) bei bestimmter Periode vorhanden
ist. Durch den Umstand, daß die auffallendsten chemischen Wirkungen
des Lichtes an solchen Stoffen beobachtet worden sind, deren chemi-
sches Absorptionsgebiet im Blau, Violett und darüber hinaus liegt, hatte
sich früher die Vorstellung entwickelt, daß die kurzwelligen Strahlen.
die eigentlich „chemischen‘ seien. Die späteren Forschungen haben
gezeigt, daß chemische Wirkungen von allen Strahlen des sichtbaren
und unsichtbaren Spektrums ausgeübt werden können, und daß es nur
von der Natur der Stoffe abhängt, welche Strahlen als chemisch wirk-
sam zur Geltung kommen. Die Messungen der „chemischen Intensität
des Lichtes“ oder des „photochemischen Klimas“, welche früher vielfach