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Photochemie
digkeit nähert. Es ist hierdurch der Gedanke nahegelegt, daß über-
haupt die mechanische Masse elektrodynamischer Natur sei, ebenso
wie dies bei jener veränderlichen Masse des Elektrons der Fall ist,
und es bestehen ernsthafte Bemühungen, die bisherige mechanische
Auffassung der physischen Welt durch eine elektrodynamische zu
ersetzen. Wenn diese Arbeiten auch bisher zu keinem vollständigen
Resultate geführt haben, so beweisen sie doch, daß die von vielen
Philosophen behauptete gedankliche Notwendigkeit, alle Erscheinungen
auf mechanische zurückzuführen, keine N otwendigkeit, sondern nur eine
Gewohnheit von zweifelhafter Güte gewesen ist.
Eine andere Tatsache, welche die enge Beziehung zu den mecha-
nischen Eigenschaften beweist, ist die von Lenard (1898) gefundene,
daß die Absorption sehr schneller Elektronenströme durch die ver-
schiedenartigsten Stoffe nur nach Maßgabe ihrer Dichte, nicht ihrer
chemischen Beschaffenheit erfolgt. Es sind bisher ausschließlich mecha-
nische Erscheinungen gewesen, bei denen die Masse als maßgebender
und ausreichender Faktor aufgetreten ist, so daß man auch die Ab-
sorption der Elektronen rein mechanisch auffassen möchte.
In gleicher Richtung liegen die Bemühungen, die ponderablen Atome
als Systeme aus Elektronen aufzufassen. Die alte chemische Hypo-
these von der Zusammengesetztheit aller Elemente aus einer Urma-
terie hat in neuester Zeit durch die alsbald zu erörternden Umwand-
lungen der radioaktiven Elemente neue Nahrung erhalten, und durch
den sehr kleinen Wert der Masse des Elektrons, demgemäß das leich-
teste aller Atome, das des Wasserstoffs, bereits aus rund 1000 Elek-
tronen bestehen müßte, hat der Einwand wegen der irrationalen Zahlen-
verhältnisse der Atomgewichte sein Gewicht verloren. Denn da von
keinem Element das Verbindungsgewicht bis in die dritte Dezimale
mit voller Sicherheit bekannt ist, so könnte innerhalb der Fehlergrenzen
nicht einmal die Anzahl der Elektronen in ganzen Zahlen festge-
stellt werden, und von einer Prüfung, ob Bruchteile vorkommen,
kann gar keine Rede sein (vgl. Bernoulli 1908).
Radioaktive Stoffe. Auf Grund einer Vermutung, die sich hernach
als unzutreffend erwies, fand H. Becquerel (1896), daß Uransalze
auf einer photographischen Platte einen entwickelbaren Eindruck her-
vorbringen, auch wenn sie durch schwarzes Papier oder andere licht-
dichte Schichten von dieser getrennt sind. Verschiedene Uranverbin-
dungen wirkten wesentlich proportional ihrem Gehalt an Uran, doch
wurden später Uranmineralien gefunden, welche eine erheblich stärkere
Wirkung aufwiesen. Unter der Voraussetzung, daß dieses von einer
Beimengung herrührt, welche eine größere Wirkung hat, als das Uran
selbst, führten P. und S. Curie an diesem Mineral (Uranpecherz) Tren-
nungsoperationen aus. Ähnlich, wie Bunsen seinerzeit die Spektral-
reaktion als Leitfaden für die Konzentrierung und Reindarstellung des
Rubidiums und Cäsiums benutzt hatte. bedienten sich die Curie jener