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Photochemie
ist anfangs auch als ohne Einfluß angesehen worden; in neuester Zeit
ist indessen eine Beschleunigung bei höherer Temperatur, die bei nie-
derer wieder zurückgeht, beobachtet worden. Sie ist aber sehr gering
(Engler 1908 u. a.).
Der Widerspruch, welcher in dieser andauernden Wärmeproduktion
gegen den ersten Hauptsatz der Energetik vorzuliegen schien, wurde
dadurch beseitigt, daß sie als eine Reaktionswärme erkannt wurde,
welche in einer beständigen freiwilligen Umwandlung des Radiums
ihren Grund hat. Es entstehen hierbei verschiedenartige Produkte,
von denen alsbald die Rede sein soll; als Endprodukt ist mit Sicher-
heit Helium nachgewiesen worden (Ramsay und Soddy 1903). Die
Rettung des einen Gesetzes ist also nur unter Opferung eines anderen,
des der Erhaltung der Elemente (S. 124), möglich geworden. Oder
es wird nötig werden, die elementare Beschaffenheit aller bisherigen
Elemente in Zweifel zu ziehen und zu revidieren, wozu möglicher-
weise die neue Quelle von ungeheuer konzentrierter Energie, die das
Radium bietet, das Hilfsmittel abgeben wird!).
Es ist natürlich, daß nach der Entdeckung dieser merkwürdigen
Eigenschaften des Urans und reiner Mineralien eine ausgedehnte For-
schung nach anderen radioaktiven Stoffen einsetzte. Indessen ergab
sich hierbei zunächst von den bekannten Elementen nur noch das
Thorium als aktiv (Schmidt 1898, Curie 1898), wenn sich auch
gleichzeitig herausstellte, daß Aktivität überhaupt eine sehr verbreitete
Erscheinung ist. Insbesondere enthält Wasser und Luft, die aus etwas
erheblicheren Tiefen der Erde stammen, regelmäßig mehr oder weniger
Aktivität, welche allerdings mit dem Orte sehr veränderlich ist.
Da Uran und Thorium die Elemente mit dem höchsten Atomge-
wicht sind, so lag es nahe, dies mit der Aktivität in Verbindung zu
bringen, zumal Radium das nächstfolgende ist. Die große Anzahl von
Lücken, welche die Tabelle in dieser Gegend enthält, könnte dann mit
der Unbeständigkeit aller Elemente hohen Atomgewichts in Zusammen-
hang gebracht werden (s. w. u.).
Die Umwandlungstheorie. Da die Uran- und Radiumwirkungen
zunächst viele Ähnlichkeit mit den Röntgenstrahlen zeigten, wurden sie
anfangs hauptsächlich auf ihre Ähnlichkeit mit dem Licht untersucht,
ohne daß dabei viel herauskam. Dann hatten aber Rutherford und
Soddy den Mut, diese Wirkungen stofflich-chemisch aufzufassen,
und damit war der Schlüssel zum Verständnis der Erscheinungen ge-
funden. Es ergab sich, daß das wirksame Prinzip des Thoriums einem
') Die von Ramsay angegebene Umwandlung des Kupfers in Lithium unter
dem Einflusse der Radiumemanation ist inzwischen von S. Curie in Zweifel
gezogen worden. Da aber andererseits die Bildung von Helium aus Radium
mehrfach bestätigt,worden ist, so ist der grundsätzliche Nachweis der Trans-
mutation der Elemente erbracht uud man darf die Ergebnisse der wissenschaft-
lichen Untersuchung dieser neuartigen Vorgänge mit Ruhe abwarten.