Full text: Grundriss der allgemeinen Chemie

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STÖCHIOMETRIE 
Die Konstante B beträgt, wenn man die Spannung in absolutem Maße 
ausdrückt, 2°12. 
Es ist alsbald hervorzuheben, daß diese Gleichung die Tatsachen nur 
ziemlich unvollständig darstellt. Die molare Oberflächenenergie verläuft 
in der Nähe des kritischen Punktes nicht ganz linear, so daß man 
die Temperatur nicht von diesem abrechnen darf, sondern von einem 
etwa um einige Grade unter der kritischen Temperatur gelegenen 
Punkte. 
Hieraus ergibt sich also, daß die molare Oberflächenenergie eine kolli- 
gzative Eigenschaft ist, wie die Dampfdichte (S. 181). Die durch sie be- 
stimmten Stoffmengen stehen mit den chemisch vergleichbaren Mengen in 
einem ähnlich einfachen Zusammenhange, wie die durch die Dampfdichte 
vestimmten, und man kann mittels dieser Eigenschaft daher ebenso ‚‚Molar- 
gewichte‘“ feststellen (S. 175), wie mittels der Dampfdichten. Die aus der 
Jberflächenenergie bestimmten Molargewichte sind in vielen Fällen den aus 
der Dampfdichte bestimmten proportional, oder ‘bei geeigneter Wahl der 
Konstanten gleich. Im Sinne der Molekularhypothese liegt also in der Be- 
stimmung der Oberflächenspannung ein Mittel vor, um das Molekulargewicht 
homogener Flüssigkeiten zu bestimmen, wie die Dampfdichte die Bestimmung 
des Molekulargewichtes von Dämpfen gestattet. 
Bei eingehender Untersuchung zeigt sich, daß nicht alle Stoffe diesem 
sinfachen Gesetze gehorchen; die vorhandenen Abweichungen liegen so, 
laß der Faktor B kleiner als 2°121 ausfällt, Man kann den normalen Wert 
des Faktors durch dasselbe Verfahren erzielen, welches zur „Erklärung‘‘, 
d. h. Einbeziehung der abnormen Dampfdichten unter Molarbegriff gedient 
hat. In dem Ausdrucke für die molare Oberflächenenergie sind alle Werte 
experimentell gegeben außer dem des Molargewichts; man kann daher, 
wenn sich eine Abweichung des Faktors B von den gewöhnlichen Werten 
herausstellt, das Molargewicht so wählen, daß wieder der normale Wert heraus- 
kommt. Wenn der Faktor B zu klein gefunden wird, so muß das Molar- 
gewicht erhöht werden, damit er seinen gewöhnlichen Wert erhält. Im Sinne 
der Molekulartheorie heißt dies, daß die betreffenden Stoffe im flüssigen 
Zustande an Stelle der einfachen Molekeln, die sie im Dampfe bilden, zu- 
sammengesetzte oder assozlierte enthalten, Hierbei ist die Voraussetzung 
gemacht, daß in den normalen Flüssigkeiten die aus der Oberflächenspan- 
nung bestimmten Molargrößen mit denen aus der Dampfdichte gleich ge- 
setzt werden können. 
Die Zweckmäßigkeit dieser Auffassung erhellt daraus, daß viele von den 
Stoffen; die sich in dieser Weise als assoziiert ausweisen, auch im Dampf- 
zustande Anzeichen von der Bildung vielfacher Molekeln geben. Dies trifft 
insbesondere für die Essigsäure zu, deren Molarzustand als Flüssigkeit durch 
die Formel (C,H,O,)n dargestellt wird, wo n je nach der Temperatur von 
1:3 bis 2:1 geht. Ferner geben andere Methoden der Molargewichtsbestim- 
mung aus den Eigenschaften verdünnter Lösungen, die später erwähnt 
werden sollen, auch gerade für solche Stoffe Neigung zur Bildung viel-
	        
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