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STÖCHIOMETRIE
Struktur geben muß. Der Gedanke wird am einfachsten aus der beistehenden
Figur klar, welche die Isomerie von Maleinsäure (Fig. 30) und Fumarsäure
'Fig. 31) darstellt.
Auch dieser Gedanke hat sich als ungemein fruchtbar erwiesen, indem
er nicht nur den Chemikern, die bis dahin diesen mit der Strukturtheorie
nicht vereinbar gewesenen Isomeriefällen mit einer gewissen Scheu aus
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Fig. 30.
Fig. 21
dem Wege gegangen waren, den Mut gab, sie genauer zu erforschen, sondern
auch sich als ein zweckmäßiger Führer in verwickelteren Verhältnissen
erwies. Für die weitere Ausgestaltung der Grundgedanken sind insbesondere
| die Forschungen E. Fischers über die Zuckerarten zu nennen, wo die sehr
verwickelten und mannigfaltigen Verhältnisse durch die Theorie eine zur-
zeit noch vollkommen ausreichende Darstellung gefunden haben.
Auch in der Chemie der Stickstoffverbindungen haben sich solche räum-
liche Betrachtungen als ein gutes systematisches Hilfsmittel erwiesen, wie
dies namentlich durch Hantzsch gezeigt worden ist. Ebenso besteht be-
reits eine Stereochemie der Verbindungen des Schwefels, Selens, Zinns
und anderer mehrwertiger Elemente.
Es läßt sich vermuten, daß es mit der auf den Raum ausgedehnten Struktur-
chemie oder der Stereochemie ebenso gehen wird, wie es seinerzeit mit
der ebenen Strukturchemie gegangen war. Wenn eine solche glückliche
Veranschaulichung gefunden worden ist, so treten der Forschung zunächst
eine Menge Tatsachen entgegen, die sich mit ihr in bester Übereinstimmung
befinden. Dies ist wegen der von allen besonderen Theorien unabhängigen
Analogieerscheinungen in dem Verhalten der Stoffe notwendig. Auch
erweist sich ein gutes Bild dagin erfolgreich, daß es noch nicht bekannte
Erscheinungen voraussehen läßt, Es verhält sich ungefähr so, wie eine
empirische Formel, welche irgendeine Naturerscheinung darstellt, sich bei
der Extrapolation verhält. Solange diese nicht bedeutend ist, findet
Übereinstimmung zwischen der Voraussicht und den nachträglich beobach-
teten Tatsachen statt. Wird aber die Extrapolation bedeutender, oder
sind die nächsten Analogien erschöpft, so werden die Unterschiede größer,
und schließlich erweist sich die Formel nicht mehr als anwendbar und muß
durch eine mit mehr Konstanten ersetzt werden, welche nicht nur die früheren
Tatsachen darstellt, sondern auch die inzwischen aufgefundenen neuen,
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