DIE CHEMISCHE KONSTITUTION
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sammensetzenden Elemente oder Radikale abhängig sind. Doch sind erstens
diese Teilvolume nur selten gleich den Atomvolumen der freien Elemente,
und zweitens erweisen sich die Addenden nur innerhalb engerer Gruppen
konstant, zum Zeichen des Vorhandenseins konstitutiver Einflüsse. Solche
Gruppen werden, was im Anschluß an eine oben gemachte Bemerkung be-
tont werden soll, meist von isomorphen Verbindungen gebildet.
Auch die Frage, in welcher Beziehung die Atomvolume der Elemente
im freien Zustande zu denen in den Verbindungen stehen, ist erst
in sehr unvollständiger Weise beantwortet, Aus der Tatsache, daß z. B.
Chlorkalium ein kleineres. Volum..(37:4) einnimmt, als das in demselben
enthaltene Kalium (452), geht schon hervor, daß einige der freien Elemente
ihr Volum sehr verkleinern, wenn sie sich verbinden. Von Schröder ist
die Annahme gemacht worden, daß das in den Verbindungen eingenommene
Volum ein rationaler Bruchteil des Atomvolums sei, wenn eine Konden-
sation stattfindet. In der Tat lassen sich durch eine solche Annahme einige
Tatsachen gut darstellen. Doch ist mit dem Ausdruck, daß ein Bestandteil
eines festen Stoffes innerhalb desselben einen bestimmten Raum einnehme;,
eine klare Vorstellung kaum zu verbinden.
Nimmt man an, daß im Chlorsilber das Silber mit dem Volum enthalten
sei, welches es in metallischem Zustande annimmt, nämlich 10°3, So bleibt
für das Volum des Chlors 15:3 übrig; zieht man diese Zahl von den Volumen
von Chlorkalium und -natrium ab, so bleiben die Zahlen 22°1 und 118.
Nun sind die Volume von Kalium und Natrium im freien Zustande 452
und 23:8, welche Werte nahezu doppelt so groß sind, wie die unter den er-
wähnten Annahmen berechneten Volume der gebundenen Metalle.
Eine weitere Ausdehnung solcher Beziehungen hat sich indessen nicht
ohne Zwang durchführen lassen.
Volumverhältnisse flüssiger Stoffe. Die ersten Regelmäßigkeiten zwi-
schen den Molarvolumen wurden von H. Kopp (1842) entdeckt, er fand,
daß gleichen Unterschieden in der Zusammensetzung gleiche
Unterschiede im Molarvolum entsprechen. Nun sind allerdings
die Molarvolume der hier hauptsächlich betrachteten organischen Ver-
bindungen ziemlich stark von der Temperatur abhängig, und bevor irgend-
ein Vergleich angestellt werden konnte, mußte entschieden werden, bei wel-
chen Temperaturen der Vergleich anzustellen sei. Kopp fand bald, daß
viel allgemeinere Regelmäßigkeiten, als bei gleichen Temperaturen (z. B. 09),
sich herausstellen, wenn man die Flüssigkeiten bei ihren Siedevunkten
unter gleichem Druck vergleicht.
Der ersten Entdeckung der vorhandenen Beziehungen ließ Kopp eine
lange Reihe überaus sorgsamer Experimentaluntersuchungen folgen, welche
jene ersten Beobachtungen teils bestätigen, teils erweitern oder wohl auch
beschränken. In der Hauptsache ergab sich das Molarvolum beim Siede-
punkt als eine additive Eigenschaft: das Molarvolum einer Verbindung
ist die Summe der Molarvolume ihrer Bestandteile. Bei anderen Tem-
peraturen treten vorhandene Beziehungen nicht so klar hervor.