Full text: Grundriss der allgemeinen Chemie

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DIE ERHALTUNGSGESETZE 
I3 
zange schienen anfangs kleine, aber die Versuchsfehler übersteigende Ver- 
schiedenheiten zu ergeben, und von mehreren Seiten wurden Anderungen 
des Gewichtes durch chemische Vorgänge behauptet. In einer abschließen- 
den Arbeit hat indessen H. Landolt (1908) nachgewiesen, daß es sich hierbei 
um Versuchsfehler gehandelt hat, insbesondere um Änderungen im Ober- 
flächenzustande der Glasgefäße durch die bei der Reaktion eingetretene 
Temperaturerhöhung. Bei sachgemäßer Berücksichtigung aller nachweis- 
baren Fehlerquellen ist keine Änderung nachgeblieben, die man als die 
Versuchsfehler übersteigend bezeichnen konnte, und das Gesetz von der 
Erhaltung des Gewichts bei chemischen Vorgängen ist hier- 
durch als ein für die gegenwärtigen Hilfsmittel völlig genaues 
nachgewiesen worden. Indessen legen die neuesten Forschungen an 
den radioaktiven Stoffen die Vermutung nahe, daß es tatsächlich 
chemische Vorgänge gibt, bei denen sich das Gewicht ändert. Nur liegen 
diese Änderungen zurzeit noch weit außerhalb des Gebietes der Meßbarkeit. 
Geschichtlich ist dieses Gesetz in einzelnen Fällen bereits seit Jahrhun- 
derten als richtig angesehen worden. Seine allgemeine Gültigkeit wurde in- 
dessen erst von Lavoisier gegen Ende des achtzehnten Jahrhunderts be- 
hauptet und experimentell in vielen Fällen nachgewiesen. Auch hat La- 
voisier die wichtigen Anwendungen aufgezeigt, die man von diesem Gesetz 
für die Beurteilung chemischer Vorgänge machen kann. Insbesondere ist 
jedesmal, wenn ein Körper bei irgendeinem chemischen Vorgange sein Ge- 
wicht ändert, der Schluß berechtigt, daß hierbei wägbare Substanz dazu- 
gekommen bzw. davongegangen sei, je nach dem Sinne der Gewichtsänderung. 
Die Arbeit. Die allgemeine Eigenschaft des Gewichts macht uns ferner 
mit einem sehr wichtigen und allgemeinen Begriff bekannt, dem der mecha- 
nischen Arbeit oder Arbeit schlechtweg. Um einen schweren Körper 
von der Erde emporzuheben und ihn etwa auf den Tisch zu legen, bedarf 
es einer Anstrengung, die um so größer ist, je größer das absolute Gewicht 
des Körpers ist, die aber außerdem mit der Höhe wächst, um welche der 
Körper gehoben wird. Diese Anstrengung und was ihr zugrunde liegt, hat 
gleichfalls den Charakter einer Größe im engeren Sinne, denn sie ist kommu- 
tativ addierbar. Zwei gleich schwere Körper gleichzeitig zu heben, erfordert 
eine größere Anstrengung, und wir werden keinen Widerspruch dagegen emp- 
fünden, wenn wir sie doppelt so groß ansetzen. Das gleiche gilt für die er- 
reichte Höhe, denn den Körper doppelt so hoch zu heben, werden wir die 
Anstrengung gleichfalls verdoppelt rechnen dürfen. Man wird also die Arbeit 
durch das Produkt von Gewicht und Höhe messen. - 
Allerdings sind dies nur grobe Schätzungen, die auf wissenschaftliche 
Schärfe keinen Anspruch erheben können, und wir müssen ebenso wie bei 
der Gewichtsbestimmung den menschlichen Körper durch einen für den 
besonderen Zweck eingerichteten Apparat ersetzen. Hierzu können sehr 
vielfache Einrichtungen dienen; beispielsweise der zweiseitige Hebel, der 
auch bei der Wage seine Anwendung gefunden hatte, 
Hat der Hebel verschieden lange Arme, so besteht bekanntlich Gleich-
	        
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