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KOLLOIDCHEMILE
heit der Eigenschaften, welche den eigentlichen „Lösungen zukommt, und
diese erweisen sich außerdem vom Alter und der sonstigen Vorgeschichte
abhängig, was gleichfalls in den früher betrachteten Fällen ausgeschlossen
war. Somit sind auch die Angaben, welche man über derartige Eigenschaften
machen kann, vielfach unbestimmt und es ist erklärlich, daß verschiedene
Beobachter. recht verschiedene Ergebnisse mit ‚„„‚denselben‘‘ Stoffen erhalten.
Die wesentliche Richtung, in welcher die freiwil’igen Änderungen der
dispersen Gebilde erfolgen, geht somit dahin, die Dispersität aufzuheben
und die disperse Phase zu einer von endlichen Begrenzungen zu machen.
So nehmen wir wahr, daß Vergrößerung der Körner und Tröpfchen,. Zu-
sammentreten derselben zu Flocken oder sonstigen zusammenhängenden
Gebilden, Absetzen am Boden oder Aufsteigen ganz regelmäßige Erschei-
nungen sind. Diese können je nach Umständen beschleunigt oder verlangsamt
werden.
Beschleunigen kann man die freiwillige Scheidung der dispersen Phase
zunächst durch alles, was den Stoffverkehr zwischen den einzelnen Körnchen
oder Tröpfchen erleichtert. In solchem Sinne wirkt eine Erhöhung der
Temperatur, ein Zusatz eines Lösungsmittels, zuweilen schon kräftiges
Rühren. In der analytischen Chemie, wo der disperse Zustand Trennungs-
schwierigkeiten verursacht, werden diese Hilfsmittel regelmäßig angewendet.
Im umgekehrten Sinne liegen die Mittel zur Beständigmachung der dis-
persen Gebilde, wie nicht näher auseinandergesetzt zu werden braucht.
Außer den hier genannten Einflüssen gibt es nun noch solche mehr chemi-
scher Natur, wie wir denn oft wahrnehmen können, daß ein an sich ziemlich.
beständiger Schlamm durch sehr geringe Zusätze gefällt oder ausgeflockt
wird. Die Erörterung solcher Fälle kann indessen erst vorgenommen werden,
nachdem die das Verhalten mehrerer gleichzeitig anwesender Stoffe in
kolloidchemischer Beziehung dargelegt sein wird.
Die elektrische Fortführung. Leitet man durch ein disperses flüssiges
Gebilde einen elektrischen Strom, so zeigt sich, daß die Teilchen meist im
Sinne des negativen, zuweilen auch im Sinne des positiven Stromes fort-
geführt werden. Sie verhalten sich in dieser Beziehung ganz wie die wohl-
bekannten Ionen der Salze und man muß aus der Tatsache dieser Fort-
führung mit Notwendigkeit schließen, daß sie Träger elektrischer Ladungen
des entsprechenden Zeichens sind. Auch die Geschwindigkeit der Fortführung
entspricht der, welche man für die Ionen gefunden hat, und scheint ziemlich
weitgehend unabhängig von der besonderen Beschaffenheit der Teilchen zu
sein. Sie ist ungefähr proportional dem Spannungsgefälle und beträgt rund
z cm pro Volt/cm und Stunde.
Die Frage, ob alle Stoffe, wenn sie dispergiert sind, derartige elektrische.
Ladungen annehmen, ist noch nicht erschöpfend erörtert worden. Dagegen
hat sich in mehreren Fällen nachweisen lassen, daß das Zeichen der Ladung
sich durch besondere chemische Zusätze zum Dispersionsmittel bestimmen,
insbesondere umkehren läßt. Dazwischen gibt es natürlich einen neu-
tralen Punkt, der dadurch gekennzeichnet ist, daß keine Wanderung im