Full text: Grundriss der allgemeinen Chemie

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SPEZIELLE KOLLOLDCHEMIE 
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schaften sind ja nichts, als Betätigungen der vorhandenen Energien. Aller- 
dings lassen sich die Eigenschaften der Grenzflächen nur selten für sich 
antersuchen, da sie sich auf die bekannte, sehr dünne Schicht von rund 
z0-8 cm beschränken, die nicht getrennt von den Massen gehandhabt 
werden kann. Indessen gibt es doch eine Anzahl von Fällen, wo eine solche 
Untersuchung bis zu einem bestimmten Grade möglich ist. Zu den wichtig- 
sten dieser Fälle gehören die Änderungen der Konzentration oder 
Dichte der Stoffe in den Oberflächen. 
Solche Änderungen sind am zugänglichsten dort, wo Konzentrations- 
änderungen überhaupt leicht hervorzubringen sind. Bei einheitlichen 
Stoffen ist hierzu der Gaszustand Voraussetzung, und so ist zunächst der 
Einfluß von Trennungswänden auf Gase zu betrachten. Dieser erscheint 
im allgemeinen in Gestalt einer Verdichtung der Gase an solchen Flächen. 
Obwohl er ebensogut auch bei Flüssigkeiten auftreten muß, kennt man ihn 
doch nur bei festen Körpern, weil die technischen Schwierigkeiten, die sich 
bei Flüssigkeiten wegen der nötigen Dauerhaftigkeit der Schäume ergeben, 
noch nicht experimentell überwunden worden sind. Bei festen Körpern ist 
dagegen die Verdichtung der Gase auf ihren Oberflächen wohlbekannt. Da 
sie naturgemäß proportional der Größe dieser Oberfläche ist, so nimmt sie 
beobachtbare Beträge nur an, wenn es sich um große spezifische Oberflächen 
handelt, z. B. bei Pulvern oder wabig strukturierten festen Körpern. 
Ähnliche Erscheinungen treten ferner auf, wenn in flüssigen Lösungen 
feste Körper von großer spezifischer Oberfläche sich befinden. Dann geht 
gleichfalls oft eine Ansammlung des gelösten Stoffes in der Trennungsfläche 
vor sich, welche wesentlich von der Natur des letzteren abhängt; hierbei 
spielt naturgemäß die Oberflächenspannung eine entscheidende Rolle. 
Man nennt diese beiden Erscheinungen, die auch in ihren Gesetzmäßig- 
keiten eine große Ähnlichkeit haben, Adsorption, um sie von der A bsorp- 
tion oder Auflösung der Gase in Flüssigkeiten zu unterscheiden, mit denen 
jene eine gewisse Ähnlichkeit hat. Indessen besteht doch der wesentliche 
Unterschied, daß im ersten Falle die Wirkung der Oberfläche, im anderen 
der Menge oder dem Volum des aufnehmenden Stoffes proportional ist. 
Endlich ist noch zu erwägen, daß eine flüssige Lösung auch an. ihrer 
‚freien‘ Grenzfläche, d. h. dort, wo sie an ihren eigenen Dampf grenzt, im 
allgemeinen eine andere Zusammensetzung haben wird, als im Inneren, und 
zwar in solchem Sinne, daß der Bestandteil (bzw. ein Produkt) mit kleinerer 
Oberflächenspannung sich in der Oberfläche konzentrieren wird. Denn eine 
jede freie Oberfläche hat die Tendenz, ihre Energie zu vermindern. Dies 
kann ebenso dadurch geschehen, daß der Kapazitätsfaktor, die Fläche, sich 
vermindert (was der gewöhnliche Fall ist), wie dadurch, daß der Intensitäts- 
faktor, die Spannung, sich vermindert. Letzteres ist bei reinen Stoffen 
nicht möglich, wohl aber bei Lösungen. Daher wird in einer solchen der 
Stoff mit kleinerer Oberflächenspannung so lange in die Oberfläche gehen, 
bis die Arbeit zu seiner Überführung ebensogroß geworden ist, wie die ent- 
sprechende Verminderung der Oberflächenenergie.
	        
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