Full text: Grundriss der allgemeinen Chemie

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DIE STRAHLENDE ENERGIE 561 
Durch die unmittelbare Beziehung zwischen Emission und Absorption ist 
ein zweifaches Verfahren für die Bestimmung dieser Perioden gegeben: man 
untersucht entweder die Strahlung, die der betreffende Stoff aussendet, 
auf ihre Perioden, oder man sendet eine Strahlung, die alle möglichen Perioden 
enthält, durch den Stoff, und ermittelt, welche Perioden absorbiert werden. 
Beide Verfahren sind in Gebrauch; in den Fällen, wo beide unter gleichen Be- 
dingungen auf denselben Stoff haben angewendet werden können, haben sie 
übereinstimmende Ergebnisse geliefert. 
Am einfachsten haben sich die Verhältnisse bei den Gasen gezeigt. Gase, 
die durch hohe Temperatur oder auf andere Weise (z. B. durch elektrische 
Entladungen) zum Leuchten gebracht werden, senden Strahlen von ganz 
bestimmter Periode aus, die von ihrer chemischen Natur abhängt, von der 
Temperatur aber in weitesten Grenzen unabhängig ist (Bunsen und Kirch- 
hoff 1859). Die Perioden dieser Strahlungen sind allerdings nicht auf eine 
einzige für jeden Stoff beschränkt; vielmehr ist die Zahl der zu einem Stoff 
gehörenden Perioden, wenn man die Untersuchung in einem hinreichend 
weiten Temperaturumfange durchführt, außerordentlich groß; sie sind aber 
vereinzelt über weite Gebiete der vorkommenden Perioden gelagert, und alle 
dazwischen möglichen Perioden treten nicht auf. 
Um diese nebeneinander sichtbar zu machen, bedient man sich der Dis- 
persion durch ein Prisma von Glas oder einem anderen durchsichtigen Stoffe, 
oder durch Beugung an einem Gitter. Bringt. man die zu untersuchende 
Lichtquelle vor einen schmalen Spalt, der im Brennpunkt einer Sammellinse 
steht, so erhält man ein paralleles Lichtbündel, das man durch das Prisma 
treten läßt. In diesem wird das Licht je nach seiner Periode verschieden 
stark abgelenkt, und betrachtet man das Lichtbündel durch ein auf Unendlich 
gestelltes Fernrohr, so sieht man an Stelle des einfachen Bildes des Spaltes 
soviel verschiedene ‚nebeneinander liegende Bilder, als verschiedene Licht- 
arten in der Lichtquelle vorhanden sind. Das Licht glühender fester und flüs- 
siger Körper ist gewöhnlich homogen, d. h. es sind darin alle Perioden vor- 
handen. Das Bild erscheint dann als ein stetiges Lichtband, in welchem alle 
Farben von rot bis violett vorhanden sind und stetig ineinander übergehen. 
Sind dagegen nur einzelne Perioden vertreten, so erscheint an Stelle des un- 
unterbrochenen Bandes eine Reihe von scharfbegrenzten Linien von der 
optischen Breite des Spaltes. Derartige Lichtbilder, in denen die Lichtarten 
nach der Periode nebeneinander geordnet sind, nennt man Spektren, und 
die zu. ihrer Erzeugung dienenden Apparate Spektralapparate. 
Während bei einem durch Zerstreuung in einem Prisma erzeugten Spektrum 
kein einfacher Zusammenhang zwischen der Periode und der Ablenkung des 
Strahls vorhanden ist, besteht ein solcher bei den Spektren, die durch Beugung 
an Gittern entstehen. Indem wegen der Entstehung solcher Spektren auf die 
Lehrbücher der Physik verwiesen wird, sie hier nur das Ergebnis angeführt, 
daß in ihnen der Ablenkungswinkel der Wellenlänge des abgelenkten Lichtes 
proportional ist. Infolgedessen werden durch Beugung theoretisch einfachere 
Spektren erhalten. Gleichzeitig gewinnt man auf diesem Wege eine weit be- 
Wi. Ostwald, Grundriß. 5. Aufl, 6
	        
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