Full text: Grundriss der allgemeinen Chemie

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PHOTOCHEMIE 
Äthers verdunstet, in eine Lösung von Silbernitrat. Dadurch bildet sich in 
der Kollodionschicht ein Niederschlag von Jodsilber, welcher lichtempfind- 
lich ist. 
Bringt man eine solche Platte in die Camera obscura und belichtet die 
erforderliche Zeit (einige Sekunden im freien Tageslicht), so kann man auf 
der gelblich-weißen Platte keine Spur eines Bildes bemerken, Ein solches 
kommt erst zum Vorschein, wenn man die Platte mit einem Gemenge von 
Silbernitrat und einer reduzierenden Flüssigkeit, einer Lösung von Pyrogallol 
oder von Eisenvitriol usw. übergießt. Das Silber, welches sich aus dem. Ge- 
menge ausscheidet, lagert sich vorzugsweise an den Stellen an, wo das Licht 
gewirkt hat, und bringt ein Bild hervor, in welchem der Silberniederschlag 
proportional der Lichtstärke ist. Durch Behandeln dieses „entwickelten“ 
Bildes mit einem Lösungsmittel des Jodsilbers, z. B. Cyankalium, wird das 
überschüssige Jodsilber entfernt und es bleibt ein Negativ, d.h. ein 
Bild mit undurchsichtigen Lichtstellen und durchsichtigen Schattenstellen 
zurück. 
Die Theorie des Vorganges beruht auf den Eigenschaften übersättigter 
Lösungen gegenüber vorhandenen Keimen. In der mit dem Entwickler über- 
zossenen Schicht besteht das Bild aus metallischem Silber!), während das 
Gemenge von Silbernitrat und Reduktionsmittel, welches den Entwickler 
bildet, eine in bezug auf Silber übergesättigte Lösung darstellt. Aus dieser 
Lösung scheidet sich das Silber dort aus, wo bereits Keime von Silber vor- 
aanden sind, und so entsteht ein sichtbares Bild. Durch fortgesetzte Ein- 
wirkung des Entwicklers kann man diesen Niederschlag so dicht erhalten, 
als für den vorliegenden Zweck erforderlich ist. Dies gelingt ebenso mit dem 
frischen Bilde in der Jodsilberschicht, wie mit dem „fixierten‘‘, d. h. durch 
Behandeln mit Cyankaliumlösung vom Jodsilber befreiten Bilde. 
Gegenwärtig wird auch der Kollodiumprozeß nur noch für bestimmte 
Zwecke benutzt, und es dienen für den allgemeinen Gebrauch Bromsilber- 
velatineplatten. Diese haben außer der viel größeren Lichtempfindlich- 
keit den wesentlichen Vorzug, daß sie beliebig lange vor dem Gebrauch her- 
gestellt werden können, ohne zu verderben, während die Kollodiumplatten 
anmittelbar nach dem Baden in der Silberlösung verbraucht werden müssen, 
Die Herstellung dieser Platten geschieht, indem zu einer warmen Lösung 
von reiner Gelatine und Bromkalium eine ammoniakalische Silberlösung ge- 
setzt wird, wobei das Bromid in kleinem Überschusse bleiben muß. Das 
Bromsilber scheidet sich dann in kolloidem Zustande aus und ist zunächst 
ı) Durch neuere Versuche ist sichergestellt worden, daß in der nicht entwickelten Kollo- 
dium- Jodsilberschicht das Bild nicht aus metallischem Silber, sondern aus Silberjodür oder 
einem ähnlichen Reduktionsprodukt des Jodsilbers besteht, da es durch Salpetersäure nicht 
zerstört wird, wohl aber durch Jodlösung. Für die Theorie der Entwicklung ist dies an sich 
wichtige Ergebnis ohne Belang, da sich aus den Subhalogenverbindungen des Silbers unter 
dem Einflusse des Entwicklers alsbald metallisches Silber bildet, welches dann die oben 
geschilderte Rolle übernimmt. Dasselbe gilt, falls das primäre Belichtungsbild etwa aus 
einer kolloiden Lösung von Silber in überschüssigem Halogensilber bestehen sollte, da so- 
gar die Entwickelbarkeit von metallischen Amikronen experimentell erwiesen ist (S. 534).
	        
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