Full text: Grundriss der allgemeinen Chemie

DIE CHEMISCHE VERWANDTSCHAFT 
Stellung dieser neuen Auffassung; die fehlenden Elemente sind durch schwarze 
Kreise, bezeichnet. An den starken Linien liegen die positiven, an den 
schwachen die negativen Elemente. Als Begründung der neuen Ordnung 
dient außer den eben beschriebenen Verhältnissen vor allen Dingen der 
Umstand, daß die verschiedenen Elemente bei gewissen Reaktionen gegen 
Kathodenstrahlen sich in einer Weise verhalten, welche unmittelbar ihre 
Nummer in der Gesamtreihe der Elemente erkennen läßt (Moseley 1914). 
Die Gesamtheit dieser Tatsachen zwingt zu einer sehr sorgfältigen und 
eingehenden Revision der chemischen Grundbegriffe zu dem Zwecke, die im 
radioaktiven Gebiet beobachteten Verhältnisse begrifflich denen anzu- 
schließen, welche seit langer Zeit in den ganzen übrigen Gebieten der Chemie 
festgestellt worden sind. Es ist hierbei festzuhalten, daß etwa beim Blei 
und Thallium die radioaktive Grenze zu sein scheint, daß mit anderen 
Worten die radioaktiven Erscheinungen auf Elemente mit Atomgewichten 
oberhalb 200 beschränkt sind. Das ganze übrige Gebiet der Chemie unter- 
nalb 200 bleibt also von den begrifflichen Veränderungen unberührt, welche 
etwa in diesem äußersten Felde stattfinden müssen. Deshalb wird es auch 
künftig möglich sein, den größten Teil der Chemie auf Grundlage des bis- 
herigen Elementenbegriffes abzuhandeln. Um so unbefangener kann man 
sich der Erforschung der neuen und höchst merkwürdigen Verhältnisse hin- 
geben, die innerhalb der radioaktiven Provinz zur Beobachtung gelangen. 
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Siebentes Buch. Chemische Verwandtschaft 
SIEBENUNDZWANZIGSTES KAPITEL 
Methoden 
Di Aufgabe. Wenn eine Anzahl Stoffe in bestimmten Mengen und unter 
bestimmten Umständen gegeben sind, so kann gefragt werden, was 
zwischen ihnen geschieht.‘ Denn sie werden sich im allgemeinen nicht im 
chemischen Gleichgewicht befinden, und es werden daher Umsetzungen, 
Verbindungen und Trennungen eintreten, die schließlich dazu führen werden, 
daß Gleichgewicht vorhanden ist. 
Die formale Seite dieser Aufgabe ist, soweit die gegenwärtige Entwicklung 
der chemischen Wissenschaft reicht, in dem zweiten Teile dieses Werkes be- 
handelt worden, und es sind als allgemeinste Formen der Antwort auf diese 
Frage die beiden Grundgesetze: das der chemischen Massenwirkung 
und das der Reaktion gegen zwangsweise Veränderungen erörtert 
worden. Dabei haben sich diese Vorgänge in ihrem Verlaufe und in dem 
schließlich erreichten. Gleichgewichte innerhalb der genannten Gesetze noch 
durch Koeffizienten bestimmt gezeigt, die von der chemischen Natur der 
beteiligten Stoffe und den äußeren Umständen des Vorganges abhängig sind. 
Diese Koeffizienten waren als gegeben betrachtet worden, und es wurde
	        
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