Full text: Formen des Steinbaues (1. Teil)

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Karyatiden und andere Stützen. 
Karyatiden und andere Stützen. 
Höchste Anmut und gröfste Leichtigkeit wird ausgedrückt, wenn 
ein Gebälk durch. menschliche Figuren, männliche sowohl als weibliche, 
getragen wird. In der persischen und ägyptischen Architektur tritt 
schon die menschliche Figur als Träger von Gesimsen, Verdachungen ete. 
auf, besonders oft findet sie aber in der Kunst der Renaissance und 
der folgenden Stile Anwendung. 
Im dorischen Stil wurde in der Antike öfter die männliche und 
im ionischen die weibliche Gestalt verwendet, erstere wurden Alanten 
oder Telamonen, letztere Karyatiden genannt. Atlas stützt nach der 
griechischen Mythologie an den Enden der Erde das Himmelszelt, 
weshalb diese herkulischen Träger Atlanten genannt werden. Atlanten 
und Karyatiden kommen sowohl als freistehende Figuren, oft doppelt, 
wie auch mit der Wand verbunden im Hochrelief vor. Entweder wird 
die ganze Figur benutzt oder nur die obere Hälfte in Verbindung mit 
Konsolen oder mit hermenartig sich verjüngendem Unterteil, oft wird 
auch nur der Kopf mit Bruststück verwendet, der übrige Teil der Stütze 
verjüngt sich dann nach unten (Hermen). Solche Karyatiden und Hermen 
werden am besten nur in einem oberen Gescholfs angewendet, wo 
dieselben keine gröfsere Last zu tragen haben, besonders auch über 
Säulen und Pilastern an der Wand, aber auch vollständig frei. Bei 
Hermen ist man oft genötigt, besonders den an und für sich schwachen, 
zum Tragen wenig geeigneten unteren Teil zu verstärken, es erfolgt 
dies dann auf nachstehende Weise. 
Die Einführung der Karyatiden in die Architektur rührt nach Vitruv 
daher, dafs die Bewohnerinnen der Stadt Karyä im Peloponnes zur Strafe 
‚ür die den Persern geleistete Hilfe in Gefangenschaft geführt und als 
Lastträgerinnen benutzt wurden.. Nach anderen Auffassungen sind die 
Karyatiden Nachbildungen der Jungfrauen, die am Dianafest im Tempel 
zu Karyä tanzten. 
Ferner kommen häufig noch kurze, gedrungene, dockenartige 
Säulen, oder solche von grofser Schlankheit nach kandelaberartigen 
Motiven vor. Besonders eiserne Säulen zur Unterstützung weit {frei- 
tragender eiserner Träger werden oft bei Ladenvorbauten und im 
Innern der Gebäude benutzt, ihre Durchbildung richtet sich dann 
immer nach der betreffenden Architektur.
	        
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