Schlufswort.
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Schlufiswort.
Durch die Spätrenaissancestile sind wir gewöhnt, mehr in der
Einzelform als in der Gesamtanordnung die Trägerin der Entwickelung
und das Leben der Baukunst, sowie den persönlichen Inhalt des ein-
zelnen Werkes zu sehen. In kräftigen Portalen und Fensterumrahmungen,
starken Bossen, sowie figürlichen und ornamentalen Zutaten bestimmen
sie wesentlich den Eindruck. Daher kommt die bei Laien und An-
fängern weit verbreitete irrige Anschauung, den Wert einer bau-
künstlerischen Leistung in der Anhäufung möglichst vieler oder möglichst
auffallender Einzelheiten zu sehen.
Wie ganz anders und wie lehrreich für unsere jetzige Richtung
ist das Verhältnis der Einzelformen zur Hauptgliederung des Bauwerkes
in der Frührenaissance und der mittelalterlichen Baukunst. Die Einzel-
heiten wurden hier zwar auch sorgsam und liebevoll durchgeführt, sie
treten aber in ihrer leichten Zierlichkeit hinter der Gesamthaltung des
Baues, seiner Massengliederung und Umrissbildung in viel höherem
Maise zurück. Hier tritt in der Gruppierung und freien Formgebung
der groisen Baumassen, der Mauer- und Dachflächen ein Ausdrucksmittel
von grofser Kraft und Wucht auf, das aber so allgemeiner Art ist, dafs
jene gesuchte und aufdringliche Wirkung leicht vermieden wird, die
jetzt oft beim Streben nach höchst eigenartigem Eindruck der über-
wiegenden Einzelheiten auftritt. Dadurch wird die Fassung jener alten
Bauten zu einer Wirkung geführt, die viel dauernder ist und vom
wechselnden Einzelgeschmack weniger berührt wird. Der vornehme
Eindruck solcher Bauten beruht wesentlich auf diesem Überwiegen der
Gesamtanordnung. In derselben ist auch ein grofser Reichtum eigen-
artiger Motive gewonnen, so dafs nicht nur die durch die Über-