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Türme und Dachreiter.
Türme und Dachreiter.
Um einem Gebäude oder einer ganzen Gruppe derselben im
grofsen charakteristisches Gepräge zu verleihen, stehen uns als stärkstes
Mittel Türme und Dachreiter zu Gebote. Ihrer mehr oder weniger
bedeutenden Höhe und starken Vertikalbetonung wegen kontrastieren
besonders erstere stark und angenehm gegen das eigentliche, mehr
breit gelagerte Bauwerk oder die Gebäudegruppe. Die Anordnung
eines Turmes entspringt bei unseren Bauwerken neben dem praktischen
immer einem ästhetischen Bedürfnis. So bilden die Türme des auf
einer Berghöhe oder einem Felsen gelegenen Schlosses oder einer
Burg gewissermafisen den Ausklang der ganzen Anlage nach oben,
indem sie die ganze Gebäudegruppe zusammenfassend beherrschen
und den Berg bekrönen. Besonders galt dies vom „Bergfried“, dem
stärksten und höchsten Turm der alten Burgen, dem letzten Zufluchts-
orte der Belagerten. In jenen kriegerischen Zeiten waren die Türme
der Burgen immer zu Verteidigungszwecken angeordnet; bei unseren
Schlössern und Herrensitzen dienen sie meist, wie bei den reicher aus-
gestatteten städtischen Monumentalbauten und Villen, zur Verstärkung
des malerischen Charakters, um Uhr und Glocken zu tragen oder um
die Aussicht von ihnen aus geniefsen zu können.
Bei freistehenden und eingebauten Wohnhäusern ordnet man
mit besonderer Vorliebe und mit Recht an den Strafisenecken Türme
ınd turmähnliche Bauten an, um diese scharf zu markieren und hervor-
zuheben; doch werden sie auch mit Vorteil angeordnet, um eine sonst
flaue Form, wie z. B. einen sehr stumpfen, wenig ausgeprägten Knick
in der Häuserflucht mehr zu betonen und auszuzeichnen. An solchen
Stellen werden auch sehr oft Erker angeordnet, die sich im ersten
Stockwerk entwickeln und oben turmähnlich abschlieisen. Ferner
werden die Treppenhäuser oft als quadrate, polygonale oder runde