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setze ich hinzu, denn freilich ist es besser wegzubleiben) und so ist es mein
Ehrgeiz, mit den Juden in die Wette Vorteile und Pfiffe zu berechnen, und
unsern Kaufleuten voraus. Du solltest nicht glauben, mit welcher Achtung
die Juden mich betrachten, und es nur nicht begreifen können, dass mir am
Geld für mich nichts liegt. Ich bin aber dies Leben herzlich satt.“
Niebuhr selbst war sich seiner bedeutenden Fähigkeiten und Kenntnisse
in Finanzsachen wohlbewusst und machte Anspruch auf Anerkennung, die
ihm auch zu teil wurde, in seinem Vaterlande allerdings weniger reichlich
als in Preussen. Hier übernahm er bald als Sektionschef im Finanzministerium
die Verwaltung der innern und äussern Staatsschuld und der Geldinstitute,
zog sich jedoch im vierten Jahre nach seinem Übertritt in den preussischen
Staatsdienst von den Geschäften zurück, da seine Überzeugung mit den finan-
ziellen Grundsätzen des neuen Ministeriums Hardenberg nicht übereinstimmte.
Der eigentliche Anlass zu den seinen Austritt herbeiführenden Differenzen
lag in einem, auf den Ideen Hardenbergs gegründeten Finanzplan, nach
welchem, wie die Urheber meinten, die ganze Kriegskontribution an Frank-
reich und alle Staatsschulden getilgt werden könnten. Die wichtigsten Punkte
dieses Planes, gegen welche sich Niebuhr in einer äusserst scharfen Kritik
aussprach, — er zieht u. a. Laws berüchtigte Finanzoperationen als Parallele
heran und verwirft die projektierte Papiergeldausgabe mit dem Satze, Zahlung
von Staatsschulden durch ein Iluftiges Papiergeld sei nur ein modifizierter
Bankrott — diese wichtigsten Punkte des Planes waren: Einführung des
Papiergeldes, Abkauf der Grundsteuer, Aufhebung vieler Rechte zum Schaden
besonders der ärmeren Teile des Volks, Wegnahme aller Handmühlen in
Ostpreussen, Einführung der Landaccise selbst für die Produkte des Haus-
haltungsverbrauchs der Bauern, die hohe Gewerbesteuer u. a. m. Niebuhrs
Überzeugung von der Verderblichkeit des Planes war so entschieden, dass er
im Falle der Ausführung desselben seine Entlassung zu nehmen entschlossen
war. Obgleich Hardenberg, zu dessen Einsichten in Finanzangelegenheiten
Niebuhr kein sonderliches Vertrauen hatte, alle Mittel anwandte, um des
letzteren bedeutende Kraft dem Ministerium zu erhalten, — ihm war schon
vorher einmal die Stelle des Finanzministers angeboten worden, — bestand
dieser doch auf seinen Austritt, zumal da er voraussehen musste, dass er mit
Ausführung seiner eigenen Finanzpläne nicht durchdringen und sein Ver-
bleiben ihm nur Argwohn, Misstrauen und Missgunst einbringen würde. So
kehrte er denn (1810) zu den Wissenschaften wieder zurück, denen er sich
auch während seiner praktischen Lebensperiode keineswegs entfremdet hatte.
Niebuhrs Verdienste um die damalige preussische Finanzverwaltung
sind allgemein anerkannt. Zu seinem Departement gehörten die gesamte
Staatsschuld, die Banknoten, die sog. Tresorscheine, das Salzmonopol und die
Bankiergeschäfte des Staats; auch die Oberaufsicht über die Privatbanken
wurde ihm zugewiesen. Niebuhr verstand es, in verhältnismässig kurzer Zeit
in die zerrütteten preussischen Finanzen Ordnung und, so lange er im
Ministerium war, Stabilität zu bringen. Bei Übernahme des Amtes eines
Sektionschefs schreibt er an seinen Vater: „Mein Wunsch und mein Plan
geht darauf hin, die armen Staatsgläubiger, welche in der Noth sind und seit
Jahren keine Zinsen erhalten haben, zu retten, ohne dass dem Volke müssten
neue Lasten aufgelegt werden: die heiligsten Ansprüche von tausend Unglück-
lichen zu befriedigen, die Provincialschulden mit einer grossen Erleichterung
des armen Volks zu reguliren, die Grundeigentümer zu retten. Die Her-
stellung des Papiergeldes zu seinem vollen Werthe wird hoffentlich die Folge
eines von mir entworfenen Planes sein.“ Kaum zwei Wochen später kann