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promittiert und in seinem Wesen demaskiert. Es sondert sich auf diese
Weise unwillkürlich selbst vom Normalen und Mustergültigen ab und be-
schattet den wirklichen Genius, der in alledem, worin er dies ist, auch von
Störung frei sein muss.
Zu Gunsten des wirklich echt und rein Genialen und zu Ungunsten
des falschen Scheingenialismus schlägt also gerade jene Theorie selber schliess-
lich aus. Was aber dabei noch gegen eine falsche Philisterächtung abfällt,
ist grade für unsern Gegenstand von abschliessend orientierender Bedeutung.
Der brandmarkende Ausdruck „philiströs“ wird nur allzu häufig, statt gegen
das wirklich Bornierende und Bornierte, fälschlich gegen die besseren Eigen-
schaften ausgespielt, durch welche sich das Normale, ja das Mustergültige
auszeichnet, und vermöge deren es im Gegenteil einen Vorzug, ja einen
intellektuell wie moralisch höheren Rang in Vergleichung mit dem in An-
spruch zu nehmen hat, was sich für genial hält oder ausgiebt, weil es sich
zerfahren, ungebunden oder gar locker, sei es im Leben sei es in geistiger
Bethätigung, aufführt. Die Jugendliche Bildungsfrage, die Erzielung von
allgemeiner und fachgemässer Tüchtigkeit, trifft auf keine bedenklichere
Klippe als auf die falschen Vorstellungen von angeblich genieartigen oder
genieverwandten Vorrechten und von einer vermeintlich notwendigen Hinweg-
setzung über angebliches und gescholtenes Philistertum. Hier wäre einmal
seitens des letzteren oder wenigstens in dessen Namen eine ironische Ab-
lehnung, wo nicht eine Auflehnung gegen die geistigen und sonstigen Usur-
pationen am Platze. Ohnedies lässt sich wenigstens nicht absehen, wie es zu
einer doppelseitigen Ausgleichung im Sinne der besseren Eigenschaften beider
Stände und Elemente kommen soll. Hier ist aber auch der Kern der mehr
als bloss pädagogischen Angelegenheit zu finden, der alle vorangehenden Dar-
legungen gegolten haben. Vielleicht gelingt es schliesslich auf dem ange-
gebenen Wege etwas von den Einseitigkeiten und Missverständnissen weg-
zuräumen, durch die sich entgegenstehende Gestaltungen der Anschauungsweise
bei verschiedenen Klassen und Elementen behindern oder schädigen, statt,
wie es sein könnte, sich in ihren guten Bestandteilen und mit den zugehörigen
guten Eigenschaften bezüglich der Lebensweise gegenseitig zu korrigieren,
zu fördern und zu ergänzen.
Angesichts einer solchen Ausgleichung der Berufs- und Standestendenzen
durch gegenseitige Beeinflussung im Guten drängt sich schliesslich die aller-
dings mehr den Fachmann interessierende Frage auf, ob nicht mit den ver-
schiedenen Sphären der Fachbildung etwas Ähnliches von statten gehen könne.
Zwischen den zwei grossen Gebieten, dem materiell und ökonomisch praktischen
und dem mehr theoretischen, unter Umständen sogar gelehrten, lässt sich
einige Annährung und gegenseitige Durchdringung sehr wohl denken. Manche
Thatsachen sprechen auch dafür, dass sie sich bereits vollzieht. So ist ein
Stück selbständiger und teilweise originaler Wissenschaft aus Geschäftskreisen
geschaffen worden, wie namentlich in der Nationalökonomie das Beispiel
Henry Careys gezeigt hat, der bis in seine vierziger Lebensjahre Eigentümer
und Leiter einer grossen Verlagsbuchhandlung zu Philadelphia gewesen ist.
Sogar der Plagiator seiner entdeckten neuen Wahrheiten, Bastiat, dem es
aber nicht an formeller Selbständigkeit gefehlt hat, kann ungeachtet dieses
Brandmals, das er sich vermöge französischer Eitelkeit aufgedrückt, immerhin
als ein durch Formvorzüge und Eleganz ausgezeichnetes Beispiel dafür gelten,
wie das Erwerbsbereich und geschäftliche Thätigkeit den Ansgangspunkt für
erheblich wissenschaftliche und wenigstens formell originale Gestaltung abzu-
veben vermag. Sogar Friedrich List ist in dieser Beziehung bis zu einem