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gewissen Grade als Beispiel mitzurechnen, da er aus den erwerbenden Klassen
auftauchte, sich trotz ablenkender Funktionen eine nahezu rein theoretische
Bahn machte, ja mit dem Handelskonsulenten und Industrieagitator und, was
noch mehr sagen will, mit dem Politiker und zwar praktisch eingreifenden
Politiker ein Stück abstrakter Wissensschöpfung zu verbinden vermochte.
Der uralte, schon den Schriftstellern des Altertums geläufige und oft
eifersüchtig genug geratende Gegensatz von unmittelbarer Praxis und Ge-
schäftsbesorgung einerseits und ihr mehr oder minder fernbleibender, unter
Umständen auch entfremdeter, aber formell und geistig doch einen höheren
Rang beanspruchender Theorie hat sich durch die ganze Geschichte fort-
gesetzt und zeigt gegenwärtig seinen schroffsten Ausdruck in einseitigem Ver-
sinken in Materialität und nicht minder in einseitigem Sichverlieren in bis-
weilen allzu hohe, unter Umständen sogar hohl geratende Abstraktion. In
letzterer Beziehung ist das Absehen vom Unmittelbaren, also in Bezug auf das
Leben von der allerspeciellsten Geschäftlichkeit, ein schwer aufzuwiegender
Schaden. Eine Überbrückung der Kluft bereitet sich aber allem Anschein
nach vor; es mag in dieser Beziehung noch einmal an Eugen Dühring er-
innert werden, der durch seine den verschiedensten Gebieten angehörenden
wissenschaftlichen Leistungen gezeigt hat, wie man die am meisten gleichsam
erdbürtigen Interessen mit den abstraktesten und höchsten Standpunkten und
sozusagen mit den gemein uninteressierten Himmelshöhen der uneigennützigen
und durch keine niedrige Zwecke verfälschten Erkenntnis zu vereinbaren
vermag. Die Vereinigung schöpferischer ökonomischer Theorie mit einem
gewissen Mass hoher und höchster allgemeiner Wissenschaft ist zwar eine
schottische Überlieferung von Hume her, und insofern nicht der Art, wohl
aber dem Typus, dem Grade, dem Umfang und der Vertiefung nach etwas
Neues.
Wenn sich in dieser Richtung die schon ohnehin unwillkürliche An-
lage der modernen Gesellschaft mit Bewusstsein, ja mit vollstem Bewusstsein
weiter ergeht, dann ist auch darauf zu rechnen, dass sich die Kluft zwischen
den praktisch industriellen und kaufmännischen Tendenzen und den grund-
sätzlich geistig und in einem höhern Sinne wissenschaffenden Bestrebungen
ernsthaft und erheblich verringert. Es versteht sich von selbst, dass ein
gewisses Mass von Gegensatz immer bestehen bleiben wird und muss; dieses
nicht nur unablegbare, sondern sogar nützliche Mass von Unterschied und
Divergenz rührt aber von der Arbeits- und Funktionenteilung her, deren
Folgen jedoch innerhalb gewisser guter Gestaltungen ganz in der Ordnung
sind. Noch nie in der ganzen Menschengeschichte hat der technisch Be-
lissene eine vorzugsweise theoretische Ader des Denkens entwickelt. Die
Praxis des Hebels ist der Feststellung des Hebelgesetzes Jahrtausende vorauf-
gegangen, und heute ist man in der mechanischen Theorie noch nicht einmal
so weit, über einen absolut und in jeder Beziehung genügenden Beweis dieses
Gesetzes zu verfügen und die Angelegenheit gegen die Einwendungen, die
im siebzehnten Jahrhundert noch ein Huyghens nachdrücklich erheben konnte,
wie Dühring in seiner „Kritischen Geschichte der allgemeinen Principien der
Mechanik“ (3. Aufl. 1887 Leipzig) nahegelegt hat, wirklich völlig einwandfrei
zu gestalten. So kommt die Theorie öfter erst spät nach den praktischen
Thatsachen, wenn sie ihnen auch in anderen Beziehungen und Fällen oft
genug voraneilt, den Erfindern die Wege zeigt oder selbst solche bahnt.
Die höhere Stufe kann die weniger hochbelegene unter Umständen mit ver-
treten; selten aber wird umgekehrt von einer geringeren Gebirgshöhe aus
der erforderliche. am weitesten tragende Überblick gewonnen.