Full text: Fachbildung, Fachtüchtigkeit und jugendliche Lebensweise

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Dem gegenüber ist freilich wiederum daran zu erinnern, dass die Be- 
trachtungshöhe unter Umständen auch die Eigenschaften einer Vogelperspektive 
und mit deren Vorzügen auch deren Unzulänglichkeiten aufweisen kann. 
Manches lässt sich nur unmittelbar am Boden oder aus geringerer Höhe über 
demselben gehörig sehen und detailliert feststellen. Dies ergiebt seitens der 
Unmittelbarkeit und Praxis auch Vorteile für die Beschaffung theoretischer 
Einsicht. 
Der Erwerbstrieb ist allem Wissen und aller Erkenntnis günstig, bei 
der es sich nur um entsprechende Zwecke handelt, stört sie aber, ja fälscht 
sie bisweilen, wo er stärker ist als das Gewissen und sich mit dem Wissen 
in Widerspruch setzt. Unter letzteren Umständen kommt kein uninteressiertes 
Wissen auf, welches mässigend in das Verhalten und unter Umständen in 
vorkommende Manipulationen mit nachhaltigem Effekt eingreifen kann. Dies 
ist die schwache Seite der Praxis; sie sieht bisweilen wirklich nicht und 
kommt nicht hinter Dinge und Verhältnisse, die zu bemerken sie bisweilen 
nicht nur kein Interesse, sondern gelegentlich gradezu ein Gegeninteresse hat. 
Wie kommt denn das Ideale, wonach man jetzt auch in materiellsten 
Gebieten und aus unmittelbarsten Geschäftskreisen wenigstens ausnahmsweise 
und mit testamentarischer Anweisung grosser Summen verlangt, in der Welt 
zu stande? Dadurch, dass die Funktionenteilung einen höheren Lehrberuf 
schafft, der freilich je nach Verhältnis auch durchschnittlich sich banausisch 
genug gestalten kann, doch aber immerhin die Möglichkeit zulässt, dass ver- 
schiedene, ihren Beruf hochernst nehmende Elemente noch eine anderartige 
Teilnahme und noch andere Zwecke hegen, als bloss ein gewisses Mass be- 
zahlter Arbeit zu absolvieren. Auf diese Weise entsteht der Aufschwung 
zur Wissenschaft in allen Gebieten, und in gleicher Art ist er auch im Kauf- 
männischen zu gewärtigen. 
Die allerspeciellste Fachbildung hat hier von den technischen Kontor- 
fertigkeiten auszugehen, dann die Warenkunde und die Preise, die Verkehrs- 
gesetze und Rechtsverhältnisse zu umfassen, weiter mit der Handelsgeographie, 
Handelsstatistik und Handelsgeschichte zur allgemeineren Ökonomie, nament- 
lich zum Zwischengebiet zwischen staatlicher und privater Haushaltung, also 
zu den körperschaftlichen und Vereinigungsgebieten fortzuschreiten. Da giebt 
es ein weites Feld von Kenntnissen, die aber selbst auf einer eigentlichen 
Handelsakademie schwerlich so weit zu specialisieren sind, um beispielsweise 
auch den Buchhandel, namentlich den Verlagshandel, gleichsam mit einer 
eigenen Zweigakademie auszustatten. Dennoch weist die immer Wweiter- 
greifende Arbeits- und Funktionenteilung auf Einlassung mit äussersten 
Specialitäten hin, und es scheint sich so die Kluft zwischen unmittelbarster 
Praxis und lehrhafter Theorie noch mehr zu erweitern. Demgegenüber ist 
es aber eben am Platze, auf den sachlichen und gleichsam sachlogischen Zu- 
sammenhang hinzuweisen, der allen diesen Gliederungen und Verästelungen 
ihre Gestalt und ihren Platz giebt, sowie ihre Berufsformierung vorzeichnet. 
Die jugendliche Lebensweise und weiterhin überhaupt das Massgebende 
der Lebensweise war unser Ausgangspunkt; aber die gediegene Fachbildung, 
soweit sie nicht eine moralische, sondern auch eine intellektuelle Grundlage 
hat, erfordert ein Analogon des geordneten Lebens, nämlich die frühe Ge- 
wöhnung an eine geordnete Denkweise. Diese ist die Ergänzung der Dis- 
ciplin; sie ist nämlich die Disciplin des Hirns, und wenn hier alle verfüg- 
baren Mittel für das höher kaufmännische Bereich schon frühzeitig zugänglich 
gemacht werden, dann ist auf eine Gestaltung der Handelshochschulen oder 
Handelsakademien zu rechnen, die sich allen übrigen Unterrichtsinstituten
	        
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