Vorbemerkung.
Im März 1876 wurde im Berliner Rathhaus von mir über höhere
Berufsbildung der Frauen ein Vortrag gehalten, der nicht nur bei dem
zahlreich und in beiden Geschlechtern gleichmässig vertretenen
Publicum beifällige Aufnahme fand, sondern auch durch die sich in
weiteren Kreisen verbreitenden Grundgedanken allgemeineres Auf-
sehen erregte. Den Aufforderungen, jenen Vortrag in andern Ver-
sammlungen zu wiederholen, konnte ich nicht entsprechen, und so
habe ich mich, um dem auch sonst mir vielfach nahegetretenen
Wunsche, meine Auffassung des Gegenstandes näher kennen zu
lernen, gehörig nachzukommen, endlich dazu entschliessen müssen,
eine selbständige Bearbeitung des Thema erscheinen zu lassen. Die
letztere findet sich auf diese Weise äusserlich aus dem Zusammen-
hang mit grössern wissenschaftlichen Werken und überdies auch
aus der Verbindung einer socialwissenschaftlichen Gesammtbehand-
lung der ganzen Frauenfrage ausgeschieden, von welcher ich sie
andernfalls nicht getrennt haben würde. Der Nebenumstand, dass
jener Vortrag die Veranlassung, wenn auch nicht die letzte und
eigentliche Ursache meiner Beseitigung vom Victorialyceum gewesen
ist, hat die letzte Nummer dieser Schrift nothwendig gemacht, durch
deren mehr als blos persönlichen Inhalt das Publicum auch von der
Rolle Notiz nehmen kann, welche Neid und Ränke im Bereich der
Wissenschaftsautoritätler spielen. Wie gross überhaupt die Hem-
mungen sind, die von Seiten der Scheinwissenschaft und des gelehrten
Unwesens den wissenschaftlichen und gesellschaftlichen Bestrebungen
der Frauen in den Weg gelegt werden, mag man aus meiner Kenn-
zeichnung der Tendenzen entnehmen, die sich in den gelehrten
Zünften und dem zugehörigen Unterrichtssystem im Sinne mittel-
alterlicher Ueberlieferung verkörpert haben.
Berlin, im September 1876.
Dühring.