Full text: Der Weg zur höheren Berufsbildung der Frauen und die Lehrweise der Universitäten

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Vorwand ist! Man hat doch sonst nie gezögert, das Weib zur 
Trägerin der schlimmsten Lasten zu machen und ihm die Dulder- 
rolle aufzuzwingen. Was Frauen ertragen konnten und mussten, 
lehrt die Geschichte der Gesellschaft in grossen Zügen und beweist 
jeder unbefangene Blick auf das Loos der Masse des weiblichen 
Geschlechts. Die schlimmere Arbeit ist stets auf den schwächeren 
Theil abgewälzt worden und zwar um so mehr, je roher ein Stamm 
und je unentwickelter eine Civilisation war. Das Weib ist aber 
überall innerhalb der reinen Gewaltverfassungen, die bis auf den 
heutigen Tag dauern, der schwächere Theil gewesen, und so erklärt 
as sich, dass auf seinen Schultern wohl die unvortheilhafteren Lasten 
gehäuft, aber von eben diesen Schultern das Gewicht derjenigen 
Würden, die das selbständige Leben fördern und für dasselbe Etwas 
eintragen, zärtlichst ferngehalten worden ist und mit rührender Sorg- 
falt noch immer abzuwenden versucht wird. 
Was in der That von der Frauenwelt ferngehalten werden soll, 
sind nicht die nach dem Vorurtheil zu schweren Berufsfächer höherer 
und wissenschaftlicher Art, sondern die falschen Ausrüstungs- oder 
vielmehr Bepackungsarten, mit denen man die Reise zu solchen 
Standorten gesellschaftlich bevorzugter Functionen in der unnatür- 
lichsten Weise erschwert und verlangsamt hat. Die eingehende Be- 
sprechung dieser Uebelstände des hohen Unterrichtswesens wird 
jedoch im Laufe dieser Schrift erst dann gehörig stattfinden können, 
wenn zuvor ähnliche praktische Ueberlegungen, wie für das medi- 
cinische Fach, auch für das hochwissenschaftliche Lehrerthum der 
Frauen angestellt sein werden. 
4, Hochwissenschaftlicher Lehrerberuf von und für 
Frauen. 
Einen hohen Unterricht, welcher auch nur auf der Stufe des 
universitären stände, giebt es für das weibliche Geschlecht in einer 
eigens organisirten Weise noch nicht. Die hier und da vereinzelt 
platzgreifende Zulassung zum Anhören von Universitätsvorlesungen 
trägt nicht nur ganz und gar den Ausnahmecharakter an sich, son- 
dern würde auch, selbst wenn sie sich an Umfang etwas erweiterte, 
völlig systemlos bleiben, da hiemit weder für eine vorangehende ge- 
hörige Vorbereitung, noch für einen nachfolgenden praktischen Be- 
ruf gesorgt wäre. Will das weibliche Geschlecht sich den Eintritt 
in die Lehrerfunctionen oberster Ordnung sichern, so muss es zu- 
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