Full text: Der Weg zur höheren Berufsbildung der Frauen und die Lehrweise der Universitäten

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hinlänglich, dass die Vetterei dadrinnen eine ganz bedeutende Rolle 
spielt, und dass wissenschaftliche Verdienste nicht etwa blos die 
gleichgültigste Nebensache, sondern, wo sie nicht mit der persön- 
lichen Patronage zusammentreffen, ein Hinderniss des Fortkommens 
und ein Grund der Fernhaltung oder gar Aechtung sind. Aber 
die Art, wie dieses nepotische System, welches da, wo es einmal 
über die Bluts- und Gildenverwandtschaft hinausreicht, auf persön- 
licher Affiliation beruht, mehr und mehr corrumpirend auf den 
Nachwuchs einwirkt, muss hier doch in Erinnerung gebracht werden. 
Ein Candidat des Docententhums sieht sich zunächst danach um, 
wo er durch Unterthänigkeit und in Aussichtstellung guter Dienste 
die specielle Patronage eines Fachprofessors erwerben und sich so 
dessen Stimme für die Zulassung und für künftige Beförderung ge- 
winnen möge. Die Gewitztesten beginnen diese persönlichen Mani- 
pulationen schon während der Studienjahre, zumal wenn sie unmittel- 
bar aus der Kaste selbst stammen oder wenigstens ihren Künsten 
nähergetreten und von erfahrenen Routiniers schon einigermaassen 
eingeweiht sind. Die elendeste Schmeichelei ist das Pflaster, mit 
dem der Weg festgemacht wird, und die grüne Unreife mit ihrer 
Urtheilslosigkeit hilft ein wenig nach, wo sich sonst vielleicht ge- 
legentlich doch das Gewissen regen und den beschränkten Cul- 
tus bei den jedesmaligen Professörchen, der mit der Verlästerung 
oder wenigstens Verleugnung des Bessern verbunden werden muss, 
als eine zu arge Schmach empfinden lassen würde. Indessen sind 
die universitären Reptilien mit ihrem Stellenschleicherthum meist 
schon durch die umgebenden Lebensbedingungen hinreichend in 
ihrem Artcharakter ausgeprägt, um mit einer mönchischen Ver- 
schlagenheit auch hinreichende Erhabenheit über wissenschaftliche 
Heuchelei zu verbinden und ihre servile Anpassungsrolle so abzu- 
spielen, dass nicht bei ihnen eine moralische Gegenregung, wohl aber 
bei Andern, diesem gesinnungslosen Treiben Fremdgebliebenen und 
nur von draussen Hineinblickenden, trotz der Entfernung, um auch 
einmal classisch zu reden, der Speichel rege gemacht wird. 
Wenden wir uns von diesem ekelhaften Treiben der Personen zu 
dem sachlichen Boden, auf dem es sich ergeht. An gelehrtem Ge- 
müll fehlt es dort natürlich nicht, und die Abfälle aus dem Mittel- 
alter bilden die Hauptverzierung , durch welche sich universitäre 
Gelehrsamkeit vor moderner und naturgemäss gestalteter Wissen- 
schaft auszeichnet. In den Rahmen des mittelalterlichen Kirchen- 
und Autoritätswesens hineingepfropft, haben die Universitäten das von
	        
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