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Alterthümer von denen aufgespürt worden sind, welche die sprach-
lichen Hülfsmittel zu ihren Forschungen von keiner Staatsweisheit
für sie bereitgestellt fanden.
Das Kramen in Citaten antiker Schriftsteller ist das Merkmal
der falschen Autoritätsmanier und hat auf den Universitäten die
Lehre der meisten Wissenschaften nicht nur mit Geschmacklosig-
keiten durchwebt, sondern auch in der ganzen Haltung und Me-
thode verdorben. Alte Musterbücher und so zu sagen Bibeln sowie
überhaupt persönliche Meinungen und literarische Urkunden werden
fälschlich als letzte Quellen oder als letzte Gegenstände des Wissens
angesehen. Der stupide Personencultus spielt dabei eine Hauptrolle
und die Wortgelehrten haben nicht einmal in ihrem eignen Gebiet
eine Ahnung von freier und unmittelbarer Sachwissenschaft. Selbst
Mathematik und Naturwissenschaft sind hievon angesteckt und
zeigen die Spuren einer Ablenkung zum scholastischen Verfall, der
allerdings auch zugleich auf die Wirkungen der Zunftcorruption und
der servilen Personenauswahl zu verrechnen ist. Eine Universitäts-
vorlesung, die sich ein Semester hindurchschleppt, trägt meist das
Gepräge jener Autoritätsmanier. Sie ist der späte Nachkömmling
jenes mittelalterlichen Ersatzes der Bücher durch dictirendes Ueber-
mitteln eines wohlzusammengestoppelten Professorheftes. Sie benimmt
sich heute noch so, als wenn es keinen Buchdruck gäbe, und als
wenn die Weisheit der Kathederpfründner ein Geheimniss wäre, das
nur im vertraulichen engern Kreise offenbart würde. In Wahrheit
bleiben aber die Hefte gewaltig hinter den Grundwerken der
Wissenschaft zurück. Der gemeine Professor hält sich stets unter-
halb des Niveaus seiner Wissenschaft; denn er käut nur wieder,
was ihm schon mannichfaltig vorgekaut und von seinem einstigen
Hauptprofessor übergeben worden ist. Dieser selbst aber hat Mühe
und Noth gehabt, etwas zusammenzudrechseln, worin wenigstens
die an der Oberfläche greifbarsten Ansichten wirklicher Grössen
und Grundwerke der vorangehenden Generation oder des abgelau-
fenen Jahrhunderts registratormässig angeführt wären. Er ist damit
freilich auch meist im Rückstande und in der Gegenwart versagt
sein Urtheil ganz; denn es beruht auf demjenigen anderer Leute,
die für ihn schon entschieden haben müssen. Das Verfahren eines
auf dem Wege zur Docentur Begriffenen macht die Art kenntlich,
wie die Vorlesungshefte entstehen. So ein Candidat pflegt, nachdem
er die drei oder vier Jahre Studien hinter sich hat, noch ein paar
Jahre auf verschiedenen Universitäten herumzuhausiren. Dort sieht