Full text: Der Weg zur höheren Berufsbildung der Frauen und die Lehrweise der Universitäten

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lich und dann noch einmal auf Universitäten, wo sie von den Medicinern 
aber auch nur als Nothvorlesungen um der künftigen professoralen 
Examinatoren willen benutzt und von den Docirenden in der auch zu- 
gleich für Apotheker berechneten Manier hübsch elementar aufgetischt 
werden. Eine solche Zeit- und Geldverschwendung könnte in einem 
gesund organisirten System nicht vorkommen; dort würden derartige 
Erfordernisse als allgemeine Bildungswissenschaften in den „höhern 
Vorschulen“ gründlich und ein für alle Mal abgemacht, und die Be- 
schäftigung mit diesen elementaren Grundlagen der naturwissen- 
schaftlichen Bildung könnte schon in ein sehr jugendliches Alter fallen. 
Es blieben alsdann, um wieder das Beispiel der Medicin zu Grunde 
zu legen, als technische Fachstudien nur detaillirte Anatomie und 
Physiologie des gesunden und kranken Zustandes, ferner eine an 
die unmittelbare Erfahrung angeknüpfte Krankheitslehre und die 
Heilmittelkunde übrig, zu welchem theoretischen Stoff sich dann 
weiter die praktischen Uebungen und Hantirungen zu gesellen 
hätten. Wirft man den unnützen Gelehrsamkeitsballast, den medi- 
cinischen Aberglauben, die Ueberlieferungen der ärztlich priester- 
haften Charlatanerie und allen scholastisch formellen Kram eines 
hohlen Pedantismus über Bord, so wird man wahrlich nicht zu viel 
Gediegenes zu lehren und zu lernen übrig behalten. Gewissenhaft 
Lehrende werden sogar eher in Verlegenheit gerathen, die angesetzte 
Zeit wahrhaft interessant mit echtem und brauchbarem Wissens- 
material auszufüllen, als etwa den heutigen Monopolisten nachzu- 
ahmen, die unter der Wissenslast, die sie ablagern zu müssen vor- 
geben, zusammenbrechen wollen und zu den bereits viel zu langen 
vier zünftlerischen Lehrjahren noch eines oder zwei zu ihren bis- 
herigen Zwangs- und Bannprivilegien hinzufordern, um künstlich so 
zu sagen mit der Dienstzeit der Studenten den Umfang der jedes 
Jahr verfügbaren Zuhörerkundschaft zu vermehren. 
Wirklich gute Einrichtungen gehen von den Bedürfnissen des 
Publicums und nicht von den Gelüsten der Monopolinhaber eines 
in jeder Richtung verrotteten Unterrichtssystems aus. Aus diesem 
Grunde ist auch an die höhere Vorschulbildung des weiblichen Ge- 
schlechts in dem bestimmten Sinne, in welchem ich dieses Wort ge- 
braucht habe, zunächst nur unter der Voraussetzung privater Initia- 
tive zu denken. Bis jetzt lässt sich zwar noch nicht einmal eine 
armselige Volksschule ohne öffentliche Genehmigung errichten; 
aber ein solches Uebermaass der Unfreiheit, ja der Unterrichtssklaverei, 
wird wenigstens stückweise durchlöchert werden. Für erwachsene
	        
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