Full text: Der Weg zur höheren Berufsbildung der Frauen und die Lehrweise der Universitäten

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rufserfordernissen einfinden muss. Aus diesem Grunde lasse ich 
auch in den Lehrstoffen der höhern Vorschulung und mithin auch 
für die Pflanzschulen nur das als natürlich interessant und nothwen- 
dig gelten, was im Leben unmittelbar oder mittelbar einer nützlichen 
Anwendung fähig ist. Von der Geschichte verwerfe ich das Meiste 
und lasse nur das zu, woran sich zu erinnern ein natürlich gesell- 
schaftliches Interesse vorhanden sein kann. Bei solcher Einschrän- 
kung des Lernmaterials werden jene 19/20 mit nützlichem und 
schönem Sachwissen in vielgestaltiger Art ausgefüllt und unter Hin- 
zunahme von 1/20 gediegener Sprachschulung eine ausserordentliche 
Geistesmacht ergeben. Die Entlastung von all jenem thörichten Kram, 
der gegenwärtig mindestens 11/12 alles Lehrstoffs ausmacht, wird die 
Aufgabe des Lernenden und den Beruf des Lehrenden so gewaltig 
erleichtern und mit einer so natürlichen Zufriedenheit krönen, dass 
sich mit dieser gesunden Arbeit die Qual der heutigen Schüler- und 
Lehrerfrohn nicht mehr vergleichen lassen dürfte. Man wird sich 
über die Dinge und den Menschen von vornherein in allen Rich- 
tungen elementar orientirt finden, und man wird für einen höheren 
praktischen Lebensberuf, wie z. B. für die Medicin, die Fortsetzung 
solcher Bildung eben nur mit rein technischen Wissenszweigen und 
Functionen zu machen haben, so dass der Cursus der weiblichen 
Berufshochschulen in ein paar Jahren gründlich zu erledigen ist. 
Zu alledem bedarf es aber, wie gesagt, einer privaten Uebergangs- 
initiative von grosser Energie, und in dieser Zwischenphase wird 
nicht blos mit den Consequenzen des Princips, sondern auch mit den 
Inconsequenzen und Durchlöcherungen des alten verrotteten Regime 
zu rechnen sein. Man wird sogar unter Umständen die Mischgebilde 
und halben Erfolge nicht in principieller Vornehmheit abweisen dür- 
fen und sich in Alles hineinzuleben haben, was für den, der die 
Wirklichkeit nicht erst in der Zukunft zu fassen, sondern schon in 
der Gegenwart anzugreifen sucht, zur unerlässlichen Handhabe werden 
muss. Kommt in die weibliche Bewegung bei uns hinreichende 
Energie, so wird die Kraft der Vergesellschaftung für diejenige Aus- 
bildung, die zum medicinischen und höhern Lehrerberuf gehört, die 
Mittel zu schaffen und ein persönliches Contingent zu stellen ver- 
mögen. Ich traue den betreffenden Gesellschaftselementen noch die 
Kraft zu, aus ihrem Bereich heraus einen selbständigen Fortschritt 
zu machen und die Befreiung von der gesellschaftlichen Geschlechts- 
vormundschaft auf dem angezeigten praktischen Wege zu betreiben. 
Durch das meist nur erheuchelte Wehgeschrei über die Gefahren,
	        
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