Full text: Sozialpädagogik

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Sphäre der Gemeinschaft ein, muß also, falls es mit Bewußtsein 
geschieht, auch seiner Wirkung in diese Sphäre hinein mit- 
bewußt sein. Also ist der Einzelne, zugleich in seiner Gemein- 
schaftsbeziehung gedacht, konkreter als der bloß für sich 
gedachte Einzelne. _ 
Aber eben weil dem so ist, kann die Ableitung der konkret 
sittlichen Aufgabe nur vom Individuum ausgehen; denn der 
Gang der Deduktion ist vom Abstrakteren zum Konkreteren: 
Die einfachen Grundverhältnisse des Sittlichen, .an sich die- 
selben für Individuum und Gemeinschaft, werden sich doch am 
Individuum unmittelbarer erkennen lassen. Sie ergeben sich, 
wie wir erwarten müssen, durch die Besonderung der in sich 
einen sittlichen Aufgabe gemäß ihrer Beziehung auf die drei 
Grundfaktoren der Aktivität, Trieb, Wille und Vernunft; von 
diesen aber ist unmittelbar klar, was sie im Individuum, nicht 
ebenso, was sie in der Gemeinschaft besagen. Eben damit 
aber wird zugleich der Grund gelegt für die, Ableitung des 
Sittlichen auch in seiner sozialen Gestalt. Denn dasselbe, was 
der Wille auf seinen drei wesentlichen Stufen für den Einzelnen 
bedeutet, muß er auch für die Gemeinschaft bedeuten; man 
hat nur die Wechselbeziehungen der Einzelnen in der Gemein- 
schaft hinsichtlich eben dieser drei Stufen der Aktivität zu- 
gleich in Betracht zu ziehen. Das ist im wesentlichen der 
Weg, den Plato eingeschlagen hat!). Schon er gelangte so 
zu einer genau parallelen Bestimmung des konkret Sittlichen 
für Individuum und Gemeinschaft, die, wie verbesserlich auch 
im einzelnen, doch dem Prinzip und methodischen Grund- 
gedanken nach vorbildlich bleiht. 
1) Denn es ist nur Schein, daß im „Staat“ die soziale Ethik das Fun: 
dament für die individuale abgebe. Plato sagt ausdrücklich (S. 435 E), 
daß die Grundformen‘ der Aktivität und die entsprechenden Tugen- 
den nur aus den Individuen in die Gemeinschaft gekommen sind, und nur 
deshalb der Rückschluß von der Gemeinschaft auf das Individuum mög- 
lich ist. Es entspricht nur dem wohlüberlegten didaktischen Gange seiner 
Untersuchung, daß vom mehr AÄußerlichen, grob Faßlichen zum wirklich 
Radikalen erst zurückgegangen wird. Im Leben der Gemeinschaft (heißt 
es S.368 D) sei das Sittliche in größeren Buchstaben geschrieben, und 
deswegen für den Ungeübten leichter leshar.
	        
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