Full text: Sozialpädagogik

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8 96. 
Materie der praktischen Übung und Lehre. 
Erste Stufe: Hauserziehung. 
Auf Grund alles Vorausgeschickten versuchen wir nun 
auch in materialer Hinsicht zu zeigen, wie in konkreter 
Gemeinschaft von Stufe zu Stufe der Mensch sich bildet zur 
Gemeinschaft, zur Teilnahme an dem unendlichen Prozeß, in 
dem die Gemeinschaft der Menschen und mit ihr ein mensch- 
liches Leben sich gestaltet. 
Der untersten Stufe, der der Hauserziehung, gehört vor- 
zugsweise das Gebiet der dritten der individuellen Tugenden 
und die dieser entsprechende Seite der Tugend der Gemein- 
schaft zu. Es ist das Gebiet der „Reinheit“ oder der sitt- 
lichen Regelung ‚des Trieblebens in Arbeit und Genuß, damit 
aber der. ökonomischen Tätigkeit im früher bestimmten, um- 
fassenden Sinn. Die natürliche Stätte der Erziehung nach 
dieser Richtung ist das Haus, in dem allein auch die ent- 
sprechende Art der willenbildenden Tätigkeit sich rein nach 
ihrer KEigenheit entfalten kann. 
Es ist zwar eigentlich noch nicht Wille, was auf dieser 
Stufe entwickelt wird, sondern erst die rechte Disposition zur 
Willensbildung, die dafür geeignete Triebrichtung. Aber ge- 
rade daß hier der rechte Grund gelegt wird, ist von der größten 
Wichtigkeit. Die seelische Entwicklung steht hier noch im 
unmittelbarsten Zusammenhang mit der physischen. Die leib- 
liche Fürsorge für das Kind und das so früh sich entwickelnde 
Verständnis dieser Fürsorge in ihm selbst, in der wortlosen 
Zwiesprache, zwischen Mutter und Säugling, das ist, wie 
Pestalozzi gesehen, das erste, grundlegende Bildungselement 
des Willens, wenn auch grundlegend nur im Sinne der gün- 
stigen Bereitung des Bodens. Indem das zarte, so ganz physische 
und doch so ganz seelische junge Menschlein dies mit oft 
schon sehr bestimmtem‘ und starkem Gefühl ergreift und 
sich fest der mütterlichen, bald auch der väterlichen und ge- 
schwisterlichen Sorge und Zärtlichkeit anschmiegt, tritt es in
	        
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