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nicht verkennen, wenn auch der Überspannung seiner Be-
deutung entgegenzutreten Anlaß genug ist. Der organisierte
Militärdienst hat jedenfalls‘ das Verdienst, zu zeigen, was
Organisation vermag.
Auch in allen diesen Beziehungen sind die Stoffe des
klassischen Altertums von unschätzbarem Wert. Die ernsten
Bilder von Bürger- und Kriegertugend, welche die historischen
Schriftsteller des Altertums vorführen, sind dem Sinn des
heranwachsenden Knaben durchaus gemäß, sie müssen ihn
packen, wenn sie nur in der rechten Weise ihm vorgestellt
werden und nicht etwa die sonstige Erziehung das natürlich
sich entwickelnde Verständnis dafür künstlich erstickt. Es ist
oft und richtig bemerkt worden, daß die Geschichtschreibung
der Alten schlichtere, durchsichtigere Verhältnisse zeigt als
jedes moderne oder gar mittelalterliche Gemeinwesen, da sie,
ohne des größeren, nationalen Ausblicks zu entbehren, sich
doch zumeist im Rahmen der natürlichen, d. h. der Stadt-
gemeinde hält.
Es bedarf nur des einfachen Hinweises, wie alles auf dieser
Stufe Gewonnene auch in der ganzen weiteren Entwicklung
erhalten bleibt; wie auch damit ein Grund gelegt ist, der nicht
wieder verlassen wird. Man lernt nach dem alten Spruch nicht
für die Schule, sondern fürs Leben, und das Leben bleibt, ganz
im gleichen Sinne, immerfort eine Schule, wiewohl nicht nur
das. Damit aber, daß dieser größere Sinn der Schule aufgeht,
wird bereits die Schwelle zur dritten Erziehungsstufe über-
schritten, auf der das Leben selbst der Erzieher wird, Haus und
Schule nur noch als mitwirkende, in der Tat sekundäre Faktoren
in Betracht kommen.
8 98.
Dritte Stufe:
Freie Selbsterziehung.
Was bedeutet eigentlich der Schritt von der Schule zum
Leben? Denn als das eigentliche Leben, für das das Haus und
die Schule erziehe, betrachtet man ja erst das Leben jenseits
beider. Was ist die erziehende Kraft dieses Lebens, was unter-