Full text: Sozialpädagogik

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zwar ist er ganz gerichtet, aber nicht auf die einzelne Person, 
weder die eigene noch die fremde, sondern auf „die Mensch- 
heit sowohl in der eigenen Person als in der Person eines 
jeden Andern“. Und so findet das „Eine, das dem Menschen alles 
Andre wert ist“, seinen reineren Ausdruck als Sache, als Idee, 
als „das‘‘ Wahre, Gute, Schöne, das in der letzten Idee, in der 
Idee der Idee Eins ist. 
Also scheinen wir weit entfernt von einer neuen, beson- 
deren Form organisierter Gemeinschaft. Der jugend- 
liche Drang in seiner Unbedingtheit scheint fast über. jede 
irgendwie konkrete Gemeinschaft hinauszutreiben. Aber 
vielleicht führt er doch auf einem Umweg zu ihr zurück. Lassen 
wir ihn denn sich rein seinem eigenen Gesetze gemäß ent- 
wickeln. 
Er ist, schon dem Gesagten zufolge, zu allererst KEr- 
kenntnisdrang. Auf keiner andern Stufe tritt das Streben 
nach Erkenntnis so unbedingt voran, ist Erkenntnis so sehr 
Selbstzweck, Wahrheit um jeden Preis, ganze Wahrheit wird 
verlangt; nicht dem Umfang nach, der dürfte der kleinste sein, 
hätte man nur im begrenzten Umfang die Gewißheit reiner, 
unverkleideter und ungeschminkter Wahrheit. Ja dem Objekte 
nach möchte die Erkenntnis ganz zunichte werden: das was sie 
zunichte macht, die Kritik der Erkenntnis aus der ideellen 
Forderung ganzer, fehlloser Wahrheit, trüge doch ein Moment 
von Wahrheit, ja die höchste Wahrheit in sich, die des Selbst- 
bewußtseins der Erkenntnis. 
Daher soll man den Geist furchtlosester Kritik zu wecken 
und zu nähren nicht scheuen; es ist nichts dabei zu besorgen, 
am wenigsten für die Sittlichkeit. Auf „Jugend“ zwar reimt 
sich „keine Tugend‘. Aber das sollte man so verstehen, daß 
kein äußeres, heteronomes Tugendgebot ihr mehr genügt. 
Sie verlangt nicht bloß das Gute selber zu tun, sondern, um 
ihr ganzes Selbst dafür einsetzen zu können, begehrt sie auch 
selber, autonom, zu bestimmen, was das Gute sei, und von 
keinem Ändern darüber eine Belehrung annehmen zu müssen. 
die nicht das eigene Bewußtsein frei zu bejahen imstande ist. 
Nicht Rücksichten des äußeren Lebens, nicht bloße Sitte oder
	        
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