Full text: Sozialpädagogik

— 326 — 
mal beim gesetzten Manne, sonderlich schön zu finden. Über 
einen Lehrer zumal, den er nicht anders als in erregtem Pathos 
auf sich einreden hört, wird er sich im stillen lustig machen, 
Jedenfalls ungerührt bleiben und in seinem Gleichmut sich 
ihm eigentlich überlegen fühlen. Aber auch was im Jüngling 
die tiefste, nachhaltigste Begeisterung weckt, ist nicht der 
Prediger- und Seelsorgerton, sondern es sind die ersten auf- 
dämmernden Ahnungen von‘ der Größe einer Sache, es ist 
die in ihrer Neuheit doppelt überwältigende Erfahrung jener 
mächtigen Erweiterung der Seele, die aus der in tiefgründiger, 
weit ausblickender Erkenntnis erfaßten Bedeutung des Gegen- 
standes fließt. Der Lehrer, der weiß, daß auch ein klares, 
reines, dauerhaftes Gefühl für eine Sache nur auf dem Grunde 
sicherer Einsicht erwachsen kann, und der nun die ernste 
Schwierigkeit vor Augen sieht, diese gerade dem erregbaren, 
innerlich stark beschäftigten, nach Besinnung erst mühsam 
ringenden Jünglingsalter einzupflanzen, wird, glaube ich, vor 
den kleinen Mitteln der Gefühlserregung, vor all dem Pathos, 
das man ihm zumutet, eher zurückscheuen, und sich fort und 
fort den unschätzbaren Rat gegenwärtig halten: Such er den 
redlichen Gewinn! Sei er kein schellenlauter Tor! 
Ein Einwand liegt naher der Geschichtsbetrieb,. den wir 
fordern, sei zu hoch für das Schulalter. Darauf ist zu ant- 
worten: es ist hier nicht an das Schulalter allein gedacht. 
Wir stimmen der runden Erklärung Willmanns ganz zu: „Ge- 
schichte ist keine Schulwissenschaft“. Wohl aber 
liegt es in der Kompetenz der Schule, ein ernstes Verlan gen 
nach geschichtlicher Einsicht zu wecken und eine geeignete 
Vorbereitung dazu zu bieten. 
Ich leugne, daß sie das gegenwärtig durchweg tue. Ihr ge- 
priesenes Mittel, die Epik, ist an sich nicht vorschulend zu 
irgend welchem Geschichtsverständnis. Denn auf Begriffe 
kommt es an; um aber historische Begriffe daran zu erarbeiten, 
sind epische ebenso wie dramatische Stoffe, auch wenn wirk- 
licher Geschichte entnommen, zugleich zu gut und zu schlecht; 
zu gut, weil die begriffliche Analyse genau die‘ epische oder 
dramatische, d. h. die ästhetische Wirkung zunichte macht;
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.