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vierung ist sie etwa begreiflich zu machen. Begreifen heißt
begrenzen. Das Unendliche des bloßen Verstandes besagt nur,
negativ, die Unmöglichkeit, mit dem jederzeit endlichen und
auf endliche Anwendungen allein zugeschnittenen Verfahren
des verstehenden Bewußtseins je zu Ende d. h. zu einem ab-
schließenden Ziel des Erkennens zu gelangen; allenfalls auch
positiv die Immer-wieder-Anwendbarkeit desselben Verfahrens
dieses verstehenden Bewußtseins. So bedeutet die Unendlich-
keit der Zahl: das Verfahren der Zählung sei so geartet, daß
ein Weiterzählen, soviel an der Natur des Verfahrens liegt,
immer möglich bleibt, daß es keinen Begriff einer letzten Zahl
gibt. Und dem ähnlich verhält es sich mit jedem andern
bloß verstandmäßigen Ausdruck des Unendlichen. Auch das
„Absolute‘ bezeichnet nur negativ die Grenze des Begreifens,
kein Begriffenes, keinen in einem positiven Begriff erfaßten
oder erfaßlichen Gegenstand des Erkennens; es ist bestenfalls
der Begriff davon, wie wir den Gegenstand begriffen haben
müßten, um ihn ganz, ohne Einschränkung begriffen zu
haben. Es ist für den Standpunkt des wirklichen Begreifens
sogar ein sich selbst mißverstehender Aufgaben-
begriff; denn menschliches Begreifen besteht nur und hat nur
seine Aufgabe in einem Fortschreiten von Grenze zu Grenze,
ohne Abschluß in einem solchen Begriffenen, woran nichts
weiter zu begreifen übrig bliebe.
So ist aber nicht das Unendliche, das die Religion im
Erlebnis des Innern, nicht sucht, sondern unmittelbar zu
haben, zu leben glaubt. Zwar unternimmt sie wohl nach-
träglich auch das in den. Formen des begreifenden Denkens
auszudrücken, da sie, kraft ihres universellen Anspruchs auf
das ganze Reich des Bewußtseins, auch das Gebiet des Ver-
standes, der theoretischen Erkenntnis, für sich zu erobern
trachten muß. So arbeitet sie etwa ihr Dogma vom Unend-
lichen in aller Form begrifflich aus, und man empfindet viel-
leicht eine „innere“, d. h. subjektive Notwendigkeit dabei, die
über die Skrupel des objektivierenden Verstandes hinweghilft;
die Subjektivität ist ja, für ‚den Standpunkt der Religion,
eigentlich. ein Lob und eine Tugend; das Subjektive, nicht das
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