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eigentlich leugnen zu müssen!); nämlich das sogenannte Be-
gehren oder Streben bezw. Widerstreben rein aufzulösen in ein
Vorausvorstellen des Erstrebten oder Abgelehnten, und ein mit
diesem Vorstellen sich verknüpfendes Lust- oder Unlustgefühl.
Dazu kommt dann zwar in der Willenshandlung selbst noch
die Auslösung eines Bewegungsimpulses, die aber nun ganz im
Gebiete des Physischen zu verbleiben scheint, oder sich im: Be-
wußtsein wenigstens nicht anders reflektieren soll als wiederum
in Vorstellung und Gefühl (Lust—Unlust).
Diese Ansicht, die zuerst überaus paradox erscheinen muß,
da sie das jedem wohlbekannte Bewußtsein eines Strebens, als
etwas Eigenes, überhaupt wegleugnet, hat dennoch als Theorie
etwas Überredendes; und zwar, weil sie etwas tatsächlich
Richtiges einschließt. Es ist nämlich wirklich der Fall, daß
Lust und Unlust einerseits, positives und negatives Streben
andrerseits nicht bloß begrifflich eine genaue Analogie auf-
weisen und in dem gemeinsamen Moment eines annehmenden
und ablehnenden, gleichsam bejahenden und ‚verneinenden
Verhaltens zusammentreffen, sondern auch faktisch in der
Weise sich entsprechen, daß sie sich, bloß auf verschiedener
Stufe, auf dieselben Objekte beziehen: dasselbe, was als Gegen-
wärtiges Gegenstand der Lust bezw. Unlust, wird, wenn nicht
gegenwärtig, aber im Bereiche der Möglichkeit und gleichsam
in Sicht befindlich, zum Gegenstand positiven oder negativen
Strebens, und umgekehrt. Allein es bleibt immer dieser un-
überbrückbare Unterschied: daß Lust und Unlust sich schlecht-
terdings auf Gegenwärtiges — auf Nichtgegenwärtiges nur,
indem es in der Vorstellung gegenwärtig ist, und als so gegen-
wärtig — bezieht, Begehren und Widerstreben dagegen ebenso
wesentlich auf Nichtgegenwärtiges und als Nichtgegenwärtiges
(nicht als in der Vorstellung Vergegenwärtigtes), das aber
zum Gegenwärtigen werden (bezw. nicht werden) soll. Nun
glaubt man vielleicht diese Seite der Sache durch das zweite
Moment, die Vorstellung, gedeckt. Aber dabei wird übersehen.
ı) Charakteristisch dafür ist v. Ehrenfels’ Psychologie des Be-
gehrens (Werttheorie, 1. Band) — die eigentlich darauf hinauskommt.
daß es kein Begehren gibt.
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PYAT