1699 BETHALLE — BETHÄTIGEN
BETHALLE, f. sacellum.
BETHÄTIGEN, re probare, praesiare, durch die ihat erwei-
;en, ein wort, dessen ursprung hernach zu besprechen ist, das,
‚on GöTnR in vers und prosa oft gebraucht, unsrer sprache
unverwischbar eingeprägt wurde,
1) bethätigen, bewähren, darthun: nun bethätigt er, noch
mehrere jahre glanzreich, einen heftigkühnen und mutigen
sharakter. 6, 212; der einzelne vermag seine verwandtschaft
mit der gottheit nur dadurch zu bethätigen, dasz er sich un-
terwirft und anbetet. 24, 320; dasz wol zu wünschen wäre,
Poussin hätte sein herliches talent in solchen räumen be-
thätigt. 30, 149; mit seiner gewöhnlichen ruhigen haltung
zeigte er darauf einige zweideutige versuche, welche die eigen-
schaften eines diamanten bethätigen sollten. 31, 233; ein reise-
tagehuch von Zelter, das mir aufs neue die überzeugung be-
'hätigte, dasz. 32,178; war er sich selbst gleich, und er be:
'hätigt hierdurch den vorzug zartgebildeter naturen. 32, 264:
bis eins dem andern übermacht bethätigte. 40, 387;
und also sei zum schlusz, was wir bisher bethätigt,
für alle folgezeit durch schrift und zug bestätigt. 41, 293;
dabei entwickelt er nothwendig alle die tugenden, die er be-
’eits in seinen frühern werken zu bethätigen wuste. 46, 233;
ar werde sein talent in dieser angelegenheit fernerhin be:
‘hätigen. 46, 332;
bethätigt weiter glückliche bereitung
an dieses tages günstger vorbedeutung. 47, 127:
ja er in die farbenwelt von der chemischen seite herein tritt
and also mit freiem unbefangnen mut sein verdienst hier be-
‚hätigen kann. 54, 319; dasz eine jede echte, treu beobachtete
und redlich ausgesprochene naturmaxime sich in tausend und
aber tausend fällen bewahrheiten und insofern sie prägnant
‚st, ihre verwandtschaft mit ebenso fruchtbaren sätzen be-
'hätigen müsse. 55, 68; indem es mich zugleich schmerzt
aicht ... auch ihnen gefällig sein und ein dauerndes, bedeu-
jendes verhältnis bethätigen zu können. GörkE an Savigny in
dessen kl. schr. 4,253.
2) sich bethätigen, sich durch die that erweisen
nur rastlos bethätigt sich der mann. 12, 88;
ın absicht eines höhern blicks in die weltlichen dinge, der
sich mehr in ihren handlungen als in ihren worten bethätige,
\7, 289; auszer dem kreise dessen, was sich durch erfahrung
bethätigen läszt. 32, 265; damit der begrif einer lebendigen
kunst sich mehr und ‚mehr bethätige. 39, 17; so musz die
identität sich alsobald bethätigen. 55, 47; dieses bethätigt sich
dem aufmerksamen beobachter durch folgenden umstand
55, 50; ferner müste in nördlichen ländern dieses allgemeine
naturgesetz wieder auf eine besondere weise sich bethätigen,
55, 66; alles wodurch sich jemand als mensch, als beobach-
ter, als denker bethätigt. 59, 175,
Diesen ausdruck, bei dessen anwendung er offenbar an that
und thätig, zuthätig dachte, fand GöTBE längst vor, auch Wıs-
LAND bediente sich seiner und sagle z. b. irgendwo: seine ma-
nier justiz zu handhaben durch gräszliche auftritte bethätigen ;
der geschäftssprache des 17.18 jh. wird er nicht unbekannt ge-
wesen sein. doch LESSING, GELLERT w. a. brauchen ihn nie,
ADELUNG hal ihn in beiden ausgaben nicht und nur das sup-
plement (1818) bringt ihn bei. einen beleg liefert aber schon
3urschKYs hochd. kanzelei (Breslau 1659), wo es s. 164 heiszt:
wann ich in erwägung fasse mit was angenehmer freundschaft
‚on meinem hochg. han. ich betähtiget worden. den misver-
stand, der das wort herbeiführle, bekundet STIELER 2354, wel-
;»her tätigen, betätigen, vertätigen, austätigen für die richlige
’orm statt teidigen, beteidigen, verteidigen, austeidigen erklärt,
‚ätigen solle sein res agere, praclicare, betätigen concordiam
Iraclare, arbilrum esse. in allem ‚dem irrt er aber höchlich,
jenn dieses tädigen, teidigen (wie man mit d, nicht mit t
schreiben musz), oder thädigen, theidigen geht hervor aus dem
ıhd. tagadingön placilare, mhd. tegedingen, teidingen, hat also
das subst. tagadinc, placiilum, induciae, tagansetzung zur unter-
lage. die bedeutung von verhandeln, fractare, handeln nähert
sich nun der des thuns und thätig seins und so wird begreif-
lich, wie man nach verdunklung und verunstaltung des wortes
tagedingen auf die falsche schreibung thätigen und auf einen
wirklichen zusammenhang mil that und thätig gerielh. weder
die volksmundarten noch benachbarte stämme kennen etwas dem
verbum thätigen analoges. unser sprachgebrauch wird sich
aber jelzt nicht nehmen lossen, bethätigen und vertheidigen,
BETHÄTIGUNG — BETHE 1700
le auf gleichem wege entsprungen sind, nebeneinander zu ver-
wenden. belegstellen für das dltere richtige bethedigen, be-
theidigen erfolgen unler diesen wörlern.
BETHÄTIGUNG, f. alles was wir erfinden, entdecken im
höheren sinne nennen ist die bedeutende ausübung, bethä-
tigung eines originalen wahrheitsgefühles. Görug 22, 247.
BETHAUEN, #rorari, irrorare, humeclare, mhd. betouwen.
1) intransitiv, mhd.
wie mac in den ouwen
ıemer bluot betouwen. MSIH, 2, 317;
hi, wurden ors verhouwen,
daz in daz verch betouwen
begunde von dem bluote röw turn. von Nant. 128, 2:
dä muose daz velt Alitschans
mit biuote betouwen. Wh. 398, 17;
vruht üf al der erde
ist betuuwet, NEIDHART bei Ben. 449 ;
in selden ist betouwet
din nam und din getriuwer 1ip. tfrof. kr. 6635:
die lichten bluomen lachten
üz dem betouwetem grase. Trist. 16, 2.
und hierher lassen sich auch die nhd. part. praet. bethaut
nehmen, wenn sie, wie betouwet in den beiden letzten mhd.
stellen, aussagen tIhauig, gelhaut habend:
ihm prangt die fette weide
und die bethaute Nur. HAGEDORN 3, 71;
welch angenehmer west durchzieht
mit rauschendem bethauten flügel
dies holde thal. Uz 1, 116;
wenn der morgen in dem mai mit der blüten
erstem geruch erwacht,
so begrüszt ihn entzückt vom bethauten
zweige des waldes lied. KLOPSTOCK 1, 257;
das bethaute gras. GortTten 1, 142;
Irüh am bethaueten blauen morgen stand der notar schon
reisefertig. J. Pau flegelj. 1, 86.
2) fransiliv, mhd,.
sin geist hät dich betouwet
mit sinem touwe reine. Barl. 97, 20;
nhd, Sin zu, du ödes feld, glück zu ihr wüsten auen,
je ich, wann ich euch seh, mit Ihrenen musz betauen,
LocaU 1, 3,4;
wie herlich alle künste blühn,
wenn ein monarch sie pflegt und gnade iM un
z 1,89;
dann wird mein grab ein weib mit thränen noch bethauen
GÖRINGE 1, 93;
bethaut sie die durcheilten felder
mit ihrem blut und Diktes finstre wälder. ScHILLER 35°;
die scherben vor meinem fenster
bethaut ich mit thränen ach! GörtTur 12, 190.
hierher auch die part., denen mit oder von vorausgehl: die
augen von dem dufte einer noch ganz geistigen schwärmerei
bethaut. KıinGeR 10, 36; er hob das trunkne auge in den mit
sternen bethaueten himmel. J. Pauı Hesp. 4, 60.
BETHAUEN, liquefacere, auflhauen :
sonne, deren schönes liech:
nunmehr eis und schnee betawet. Opitz 2, 56;
sein von der natur bethautes herz machte, dasz er zu wei-
aen anfıeng. J. PaurL Til. 1, 88.
BETHAUS, n. sacellum, ahd. petahüs, mhd. betehüs, pass.
K. 471, 48; nhd.: und wil sie erfrewen in meinem bethause.
Es. 56, 7; denn mein baus heiszet ein bethaus allen völkern.
das.; es stehet geschrieben, mein haus sol ein bethaus heiszen,
ir aber habt eine mördergruben draus gemacht (golh. gards
neins gards bidd ist, ip jus ina gatavid&dub du fil&grja biube;
ıhd. min hüs gibethüs ist ginennit, ir tätut iz thiobo cruft).
Matth. 21, 13. Luc. 19, 46; führte ihn sogleich in das schöne
bethaus, sonst die natürliche theologie genannt. J. Pau Til.
', 158.
BETHE, f. was bede (sp. 1221):
dann steuer, zins und beth, lehn und gelsit und zoll.
GöTHE 41, 292;
gesammte landsgefälle, zehnten, zinsen, beth, 41, 295,
folgenden stellen ist aber bethe soviel als gebetbuch:
mein finger rühret nichts als nur den psalter an,
die beihe lieget itzt allein in meinen händen,
in diese hab ich noch kein weltlich buch gebracht.
HorsannswAaLDAU heldenbriefe 8. 34:
er tadelt meinen gang und störeıt meinen fusz,
er will die bethe mir aus meinen händen bringen,
er machıt die klosterpflicht zu seinem possenspiel. daselbst