Full text: L. M. (6. Band)

2221 MILZADER — MILZSUCHT 
auch launenhaftigkeit hängt mit der milz zusammen : ihre furcht, 
dasz die plötzlichen und schnellen veränderungen der mode, 
welche unsere jetzige zeiten so eigentlich characterisieren, 
einen üblen einflusz auf ihren kopf haben möchten, ist eben 
so ungegründet. etwas mehr leichtfertigkeit, als unsere grosz- 
mütter blicken lieszen, scheinet zwar darin zu liegen, und 
es wollte neulich eine alte dame aus unsern seit jahresftrist 
täglich veränderten hüten schlieszen, dasz die seele ihren sitz 
verlassen, und sich in die gegend der milz zurückgezogen 
hätte, MösEr patr. phant. 3, 3; und liebe verzehrt die milz: 
der ist ein panterthier, der ohne leid erfähret, 
wie grimmig Amor mir schon nier und milz verzehret, 
A, GRYPHLUS (1698) 2, 104; 
milz im fluche: 
ei potz krösz und potz milz, 
ich wehr dir nit zimlich zu zehrn, 
H., Sacus /astn. sp. 1,74,152. 
4) milz, die gegend der milz.am menschlichen körper; nament- 
lich mit bezug auf das degentragen an der linken seite und mil 
anspielung darauf, dasz die milz der sitz des zornes ist: band 
meinen degen an das milz. finkenritter A3°; 
drauf der potztausenddegen vornen wol auf dem milz, 
damit wir die stein fegen, wann uns aufsteigt der rülz, 
OPEL u, COHN 414,9; 
davon die komische bildung milzdägisch von einem der den degen 
auf der milz trägt: cartell des stutzerischen aufzugs der... 
langlapphösischen , milzdägischen, federfüszigen, wolstaffier- 
ten, weltbekannten cavaliern. 412 (von 1628). 
5) im niederdeutschen bezeichnet das wort auch die milch bei 
fischen (sp. 2189) , jedenfalls von der ähnlichkeit ihrer form mit 
einer milz: milte, milch in den fischen, lactes, daher milter, ein 
milcher, das männlein von den fischen. brem, wb. 3, 161. 
MILZADER, f. salvatella, mhd. milzäder: die milzader, ‘der 
zweig so von der hauptader abgeht und sich in den kleinen finger 
erstreckt, diese ader pflegt man in schwermütiger krankheit zu 
lassen.” Frıscy 1,663. auch name solcher krankheit: splenetica 
milzader, milcze oder DiEer. nov. gloss. 346°. 
MILZAUSDRUCK, m. ausdruck für stimmungen die durch die 
milz erregt werden: folglich mögen immer die herzens- und 
milzausdrücke wegbleiben. HERDER z. liff. 1, 195. 
MILZBALSAM, m. unguentum spleneticum STIELER 89, 
MILZBESCHWERDE, f.: wegen ihrer (einer pflanze) wohl- 
ihätigen wirkung bei milzbeschwerden. N£EMNnicH 1, 513. 
MILZBRAND, m. eine krankheit des rindviehs, wobei die milz 
janz schwarz und flieszend wird. ADELUNG. 
MILZFARN, m. milzkraut: milzfaren oder milzkraut, asple- 
aum, scolopendrium FRrıscH 1, 663°. 
MILZFORMIG, adj.: splenii s. triangulares musculi die milz- 
'örmigen muskeln. NEMNICH 4, 1350. 
MILZICHT , adj. lienicus , lienosus, Hene cinctus, spleneticus 
STIELER 1277; in der form milzig: der neid, der zorn und 
lesgleichen sind so traurige, so milzige laster. HıprEL 2, 450, 
MILZIG, s. mülzig. 
MILZKRANK, adj. krank an der milz. 
MILZKRANKHEIT, f. lienis morbus, morbus hypochondriacus 
“RISCH 1, 663°. 
MILZKRAUT, n. 1) name der pflanze asplenium: milzkraut. 
heiszt griechisch und lateinisch scolopendrion, asplenion. 
TABERNAEM, 1191; milzkraut, scolopendrium verum STIELER 1032, 
2) milzkraut heiszt auch der goldne steinbrech, chrysosplenium; 
groszes milzkrant aber eine art der mondraute. osmunda spi- 
zanthus. 
MILZMANGEL, m. hypochondria. STIELER 1230. 
MILZPFLASTER, n. emplastrum spleneticum. STIELER 500: 
in gutes milzpflaster. HoHBERG 1, 291°, 
MILZPLAGE, f. morbus hypochondriacus. STIELER 1458, 
MILZSALBE, f. salbe für die kranke milz. 
MILZSTECHEN, n. das stechen der milz (vgl. milz 3): versucht 
sinmal, mein hochgebohrner fürst, gen Loretto zu laufen: 
ps wird euch das milzstechen gar hald enrer leibeigenschaft 
'eurer abhängigkeit vom körper) belehren. Verır WERER sagen d, 
vorzeit 4,272. 
MILZSTRANG, m. ein von der linken seite des magenmundes 
zur milz gehendes geäder. 
MILZSUCHT, f. morbus hypochondriacus (vergl. milz 3), und 
die daraus entstehende trübe stimmung: eschenholzöle ... ist 
eine herrliche arzenei denen personen so mit der milzsucht 
geplagt sein. Sesiz feldbuch 445; unter den recepten gegen 
schwärmerei, milzsucht und hypochondrie. WIELAND 12,7: ich 
MILZSÜCHTIG — MINDER 2222 
gab dem triebe nach, der stärker war als meine milzsucht, 
ım einen alten bekannten von so liebenswürdigen verdiensten 
ıu hesuchen, dasz selbst einem kranken wohl bei ihm sein 
{ann. THUÜMMEL 2, 174; 
er weis nicht, was er glaubt, 
hält seinen trieb für unerlaubt, 
und sieht nicht, dasz er sich sein glück aus milzsucht raubt. 
GELLERT 1,169; 
fast kein tugendhafter mann 
lebt ohne milzsucht, lahmen fusz, 
und ohne buckel oder staar. E. v. Kıgısrt (1765) 84; 
sie (die musik) stillt den kummer, heilt die milzsucht aus dem 
grund, WIELAND 9,72; 
plur. milzsuchten im sinne von übeln launen: haden wir darum 
alle milzsuchten des schicksals aus, dasz wir am ende noch 
von glück sagen, die leibeignen eines sklaven zu sein? SCHILLER 
äuber 4, 5. 
MILZSÜCHTIG, adj. spleneticus, lienosus. Frıscn 1, 663°; mil- 
zensüchtig, dem das milze weethüt, spleneticus, splenicus, lieni- 
‘us, lienosus MAALER 290°; freilich gab es hier und da milz- 
:üchtige, zur freude untüchtig gewordene leute, die ein kläg- 
iches geschrei über diese neuerungen erhoben. WIELAND 6, 74; 
ınsere milzsüchtigen und nervenfosen brüder. 76; ein weiser 
nann, lieben leute, ist nichts weniger als ein hasser der 
"reude. schickt die finstern, hohlaugigen, milzsüchtigen ge- 
jellen, welche das gegentheil sagen, dem Demokritus oder 
len söhnen des Hippokrates zu! 13,134; steigt in irgend 
nem trüben kopfe eine mensehenfeindliche grille auf, so 
;cherzt und spottet man sie weg, und sie wird vergessen. 
»ben diese grille würde unter einem milzsüchtigen volke .. 
wenigstens ein halb dutzend der besten köpfe gekostet haben! 
139; nun stellte der philosophische fremde das gemälde eines 
nilzsüchtigen fürsten auf, dem nicht geschmeichelt war. 
THüMMEL 2,49; oder wollt ihr zum kalbfell schwören . . und 
lort unter der milzsüchtigen Jaune eines gebieterischen korpo- 
rals das fegfeuer zum voraus abverdienen? SCHILLER rdub. 1,2. 
‘n substantivem gebrauch: milzsuchtiger, spleneticus. voc. inc. 
heut. n 7’; der wein, da goldes plechel inn erlescht sint, ist 
len milzsüchtigen guot. MEGENBERG 475, 4; wird sie (die welt) 
nich nicht mit dem namen eines schwermüthigen, eines milz- 
züchtigen, eines schwärmers, eines menschen, der nicht zu 
leben weis, dem der schulstaub den kopf verfinstert hat, 
yestrafen? GELLERT 6,88; was die misvergnügten und milz- 
süchtigen von den folgen ihrer (einer frau) schimmernden 
‚egierung geweissagt hatten. WIELAND 6,168. 
MILZVERORDNUNG, f. medicamentum spleneticum. STIELER 
400. , 
MILZWEH, n. müilzkrankheit, lienis morbus, morbus hypochon- 
{riacus. Frisch 1, 663°: milzweh. Sezız feldb. 81 am rande (im 
'exte für die milzsucht). 
MILZWEIN, m. wein mit heilkräutern gegen die milzkrank- 
'eit * ein fürtrefflicher milzwein. HoHBERG 1, 292°. 
MIN, adv., s. unter minder. 
MINCH, m. für münch, verschnittenes pferd, wallach (Simnl. 
160 Kurz); vergl. unter mönch. 
MINDER, minor, minus. 
1) goth. minniza; altn. minni für minri, schwed. dän. mindre; 
ıltfries. minnira, minra; alts. altnfr. minniro, mnd. minner, 
minder, niederl. mindre, minder; ahd. minniro, mhd. minner, 
minre; ein comparativ, von jeher ohne positiv, ursprünglich zu 
golh. leitils, altn. Ktill, fries. litik, alts. Jutil, ahd. luzil ver- 
wendet, das selbst keine comparativformen entwickelt hat. ags. 
wird das wort durch lässa, engl. less ersetzt, obschon ags. min- 
sian vermindern auf das vorhandensein des bezüglichen stammes 
zuch in diesem dialekte hinweist. derselbe erscheint in einfacherer 
Jjemeingermanischer comparativform als goth. adverb. mins, altnord. 
minnr, alts. ahd. mhd. niederd. min, in urverwandtschaft zu altslav, 
mini} kleiner (MikLosıch 389°), lat. minor, minimus, minuere, 
griech. win, uiruv-vÖm eine kleine weile, und da in allen 
liesen wie den deutschen formen das innere n ursprünglich bloszes 
hildungselement ist, so ergibt sich als älteste gestalt der wurzel 
sanskr. mi, mi mindern, aufheben, vereiteln, die auch in griech. 
wELWV geringer, MELOW verringern vorlieot (vgl. KLUGE etumalng. 
vb. 226). 
2) die ebenerwähnte kurze adverbialform min, die bereits ahd, 
hren comparativlaut (gegen goth. min-s) eingebüszt hat, lebt noch 
nhd., ist aber schon in den ersten zeiten des nhd. verschwunden, 
während sie in den niederdeutschen gegenden sich hält: minus min 
Yıer. 362° (niederrhein.); minus min nov. gloss. 254° (niederd.):
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.